München – Es wird eine – selbst für Extremsegler – monumentale Herausforderung. Am Sonntag startet der Österreicher Norbert Sedlacek Koch (59) von Les Sables d’Olonne mit seiner Yacht erneut zu einer Weltumrundung. Die Hafenstadt in Westfrankreich wurde bekannt als Start- und Zielort der Vendée Globe, die Boris Herrmann als Fünfter beendete. Sedlacek Koch nahm zweimal an der Vendée teil, musste 2004/05 aufgeben, wurde 2008/09 Elfter.
Sein Weltpremieren-Projekt Ant Arctic Lab ist der Versuch, den Globus nonstop, einhand und ohne Hilfe von außen über beide Pol-Routen und durch alle fünf Ozeane zu umsegeln. 32 000 Seemeilen (über 59 000 Kilometer) liegen vor dem Wiener. Er wird – wenn es wie geplant läuft – sechs Monate lang alleine unterwegs sein. Schon vor zwei Jahren ging er dieses Projekt an – erlitt aber nach fünf Tagen Sturmschäden und kehrte um.
Die Yacht mit der Bezeichnung Open60AAL Innovation besteht aus recycelbaren Werkstoffen. Es wird also ein Test für Mensch und (Yacht-) Maschine. Dabei werden auch Daten gesammelt, um den Klimawandel zu dokumentieren. Unsere Zeitung sprach mit Skipper Norbert Sedlacek Koch, der vor knapp 30 Jahren seinen Beamten-Job bei den Wiener Verkehrsbetrieben aufgab, um sich Segel-Abenteuern zu widmen und Buchautor zu werden.
Herr Sedlacek Koch, Trinkwasser können Sie an Bord aufbereiten, aber was müssen Sie mitnehmen für sechs Monate auf See?
Vier Garnituren zum Anziehen und zwei für die Arktis und Antarktis. Dazu kommen 1,2 Millionen Kalorien, zum Beispiel in Form von Proteinen. Das entspricht also 4000 pro Tag und 30 Prozent Puffer.
Was muss an Technik und Medizin mit?
1,3 Tonnen Ersatzteile, denn ich sollte ja in der Lage sein, alles reparieren zu können. Mittel für die Lokalanästhesie habe ich auch dabei, um zum Beispiel einen Finger zu nähen.
Wie sieht’s mit Kommunikation aus?
Es ist ein bisschen weniger Abenteuer als früher. Ich stehe in Kontakt zu einer Wetterstation, bekomme auch solide Daten über das Eis. Ich bin nämlich kein potenzieller Selbstmörder.
Wie viel steuert der Autopilot, wie viel Sie und wie viel Schlaf ist drin?
Der Autopilot ist der größte Stromverbraucher – auch wenn er solarbetrieben ist. Aber oft ist es besser, wenn man selber steuert. Zum Thema Schlaf lässt sich jetzt schon sagen: Maximal 20 Minuten am Stück sind drin.
Was ist die größte Herausforderung?
Den eigenen Schweinehund zu zähmen. Und natürlich die Länge, der Trip ist mit 59 000 Kilometern das Anderthalbfache der Vendée Globe. Du trägst die Verantwortung, aber du brauchst auch das Glück des Tüchtigen. Bei einer Kollision kann es schnell vorbei sein.
Wie teuer ist Ihr Projekt, und wer finanziert es?
Vier bis viereinhalb Millionen Euro haben wir seit 2009 investiert. 60 Prozent kommen von meiner Frau und mir, 40 Prozent steuern Partnern bei.
Sie haben 1992 ihren Beamtenjob als Trambahnfahrer in Wien aufgegeben, um zu segeln und Bücher zu schreiben. Was waren damals Ihre Gründe?
Das mit dem Beamtendasein war ein Wunsch meines Vaters, der Beamter war. Aber dann habe ich Kollegen erlebt, die schon mit 30 nur noch über ihre Pensionen sprachen. Da habe ich beschlossen, Reisejournalist zu werden und auf dem Wasser zu reisen. Es war damals ein sehr gewagter Schritt, und zu Beginn war ich mir nicht sicher, dass es auch der richtige Schritt war.
Interview: Bernd Brudermanns