Belfast – Antonio Rüdiger gab in der Chelsea-Kabine den Anheizer und legte vor der Mannschaft eine Tanzeinlage hin. Timo Werner zerzauste Ben Chillwells Frisur, und selbst der oft etwas reserviert wirkende Kai Havertz sang fröhlich mit. Nach dem 6:5 im Elfmeterschießen gegen Europa-League-Sieger FC Villarreal bejubelten die Chelsea-Profis ihren Supercup-Erfolg in Belfast ausgelassen. Mittendrin: Kepa Arrizabalaga, mit dessen Einwechslung Coach Thomas Tuchel ein gutes Händchen bewiesen hatte. Der Torwart avancierte mit zwei parierten Elfmetern zum Helden und bescherte dem Champions-League-Sieger den ersten Titel der neuen Saison.
Dieser Wechselcoup war laut Tuchel geplant. „Das war nicht spontan“, betonte der 47-Jährige. Man habe das mit den Torhütern schon im Februar vor Tuchels erstem Pokalspiel besprochen. Die Statistik spreche für Kepa, dessen Elfmeter-Werte besser seien als die von Stammkeeper Édouard Mendy. Und so schien der Senegalese, der 119 Minuten lang überzeugt hatte, bei seiner Auswechslung in Belfast weder überrascht noch verärgert zu sein. „Mendy stellt sein Ego zur Seite“, lobte Tuchel. „Diese Jungs sind echte Teamplayer.“
Das war nicht immer so. Vor zweieinhalb Jahren hatte ausgerechnet Kepa bei den Blues für Ärger gesorgt, als er einen solchen Wechsel verweigerte. Der damalige Chelsea-Coach, Maurizio Sarri, wollte im Ligapokal-Finale gegen Manchester City fürs Elfmeterschießen Willy Caballero einwechseln. Doch Kepa – mit 80 Millionen Euro der teuerste Torwart der Fußballgeschichte – blieb einfach im Tor. Und Chelsea verlor.
Club und Spieler sprachen später von einem Missverständnis, was Kepa kürzlich auf dem Online-Portal „The Player’s Tribune“ erneut betonte. Gleichzeitig räumte er ein: „Es war falsch von mir, und es tut mir leid gegenüber allen Beteiligten.“ Den größten Schaden nahm er ohnehin selbst. Bald ging es auch sportlich bergab. Nach diversen Patzern wurde er als Stammtorwart von Neuzugang Mendy abgelöst. Kepas Zeit schien abgelaufen. Obendrein wurde sein Nachfolger bei Athletic Bilbao, Unai Simon, die Nummer eins im spanischen Nationalteam.
Tuchel hingegen schrieb den 80-Millionen-Euro-Mann nicht ab. „Das Trainerteam verdient große Anerkennung dafür, dass sie jedem von uns das Gefühl geben, wichtig zu sein“, so Kepa. „Es gibt kein besseres Gefühl im Fußball, als im Team zu gewinnen.“ Ähnlich äußerte sich Mendy. „Das ist Teamwork“, sagte er nach dem Spiel. „Ich wusste seit letzter Saison, dass Kepa der Mannschaft helfen würde, wenn er aufs Feld kommen würde. Ich freue mich sehr für ihn.“ Für Tuchel gab es nur einen Wermutstropfen: die Verletzung von Hakim Ziyech. Das Ausmaß war zunächst offen.
Lukaku-Transfer fix
Im belgischen Topstürmer Romelu Lukaku konnte am Donnerstag indes ein hochkarätiger Neuzugang vermeldet werden. Der 28-Jährige kommt von Inter Mailand, er erhält bei Chelsea einen Vertrag bis 2026. Englische Medien spekulierten über eine Transfersumme in Höhe von 115 Millionen Euro. Lukaku, der bereits von 2011 bis 2014 bei den Blues gespielt hatte, verschärft die Konkurrenzsituation im topbesetzten Chelsea-Kader noch weiter, womöglich auf Kosten von Timo Werner. Dass es an der Stamford Bridge trotzdem harmonisch bleiben kann, zeigt der Fall Kepa. dpa