Schönau am Königssee – Einig sind sich die Räte im Kreistag fraktionsübergreifend: Der Aufbau der Kunsteisbahn am Königssee kann nur mit Mitteln aus Land und Bund erfolgen. Denn dem Landkreis selbst fehlt das Geld dazu. Ankündigungen hochrangiger Politiker, die Bahn wieder zu errichten, erachtet Kreisrat Hans Metzenleitner als „vorschnell und dreist“. Denn klar ist: Die zuständigen Geologen werden erst Mitte Oktober abschließend über die Georisiken auf dem Areal unweit des Königssees informieren.
Die Bilder der zerstörten Kunsteisbahn gingen durch die Medien. Nach dem Unwetter im Juli waren schwere Murenabgänge vom Grünstein abgegangen. Der Klingerbach, der normalerweise das Wasser vom Berg ableitet, wurde verklaust, ging über, der obere Teil der ältesten Kunsteisbahn der Welt wurde bis zur Unkenntlichkeit zerstört. 53 Millionen Euro teuer soll der komplizierte Wiederaufbau sein – nach erster Grobschätzung eines Experten. Dass es dabei nicht bleiben wird, ist den Kreisräten klar. „Wir werden eher die 100-Millionen-Grenze streifen“, ist sich Kreisrat Hans Metzenleitner (SPD) sicher. Denn die anstehenden Sicherungsmaßnahmen am Berg, deren Umfang weitestgehend noch nicht bekannt ist, dürften jede Dimension sprengen. Von bis zu zwölf Meter hohen Mauern ist bereits jetzt die Rede, von gewaltigen Auffangzäunen und Becken, die nachrückendes Geröllmaterial vom Grünstein auffangen sollen.
Sicher ist schon jetzt: Der Startbereich der Bob- und Rodelbahn muss nach unten verlegt werden. Zu risikobehaftet ist der Standort am Fuße des 1300 Meter hohen Grünsteins. Auch in der Vergangenheit hatte das Bayerische Landesamt für Umwelt über die Risikolage der Sportstätte kommuniziert. Ein Versicherungsschutz gegen Elementargefahren konnte zu keinem Zeitpunkt abgeschlossen werden. Der Bau der Bahn liegt Ewigkeiten zurück. Zuständigkeiten für den verpassten Versicherungsschutz? Fehlanzeige. Deshalb ist klar: Die Kunsteisbahn an selber Stelle neu zu bauen, würde große Unwägbarkeiten mit sich bringen. „Unwetterereignisse werden sich in Zukunft eher noch häufen“, ist sich Kreisrat Hans Metzenleitner sicher. Die Bahn einfach wieder aufzubauen, ohne Sicherheiten über mögliche Risiken, kommt für ihn nicht infrage. Was für ihn auch nicht infrage kommt: Dass der Landkreis zahlt. „Ich brauche keinen Taschenrechner, um festzustellen, dass selbst nur eine 20-Prozent-Beteiligung unser Budget über den Haufen schmeißen würde“, sagt er.
Einig sind sich die Kreisräte aber darüber, dass die älteste Kunsteisbahn der Welt eine große Bedeutung für Sport und Tourismus hat. Für die Politik hat die Bob- und Rodelbahn, auf der Olympiasieger und Weltmeister wie Georg Hackl und Felix Loch etliche sportliche Erfolge feiern konnten, große Bedeutung. Mehrere Bundes- und Landesminister haben die Baustelle im Vorfeld der Bundestagswahl daher bereits besucht, aufmerksamkeitsstark für einen Wiederaufbau plädiert. Konkrete Unterstützungszusagen blieben aber aus.
Ein interministerielles Gespräch soll nun etwas Klarheit in die Causa bringen, Zuständigkeiten sollen besprochen werden. „Die Sache ist sehr komplex“, sagt Kreisrat Dr. Bartl Wimmer (Grüne). „Eine Erwartungshaltung wecken, die nicht so einfach umsetzbar ist – das funktioniert einfach nicht“, kritisiert der Kreispolitiker. Hinzu kommt: Die Sicherungsmaßnahmen am Berg, die nicht nur die Bahn, sondern auch weitere Anlieger schützen sollen, werden frühestens im Jahr 2024 starten. Der Grund: Das Wasserwirtschaftsamt in Traunstein, unter anderem für Teile des überschwemmten Klingerbaches zuständig, ist maßlos überfordert. Der staatlichen Behörde mangelt es an Personal, wie es offiziell heißt. Die Planungen für die komplizierten Bauarbeiten an Berg und Bach werden Jahre dauern. KILIAN PFEIFFER