Roter Teppich für deutsche Hersteller

von Redaktion

Die Formel 1 lockt Automobil-Riesen mit neuen Regeln für einen Hybrid-Antrieb mit Elektroschwerpunkt

München – Fernando Alonso (40) sprach vor wenigen Wochen Klartext. Die Formel 1 sei eine englisch geprägte Serie, mit hauptsächlich englischen Teams und Medien, die entsprechenden Einfluss haben und alles Nichtbritische nur schwer zur Geltung kommen lassen. Er bezog seine Analyse auf den Zweikampf zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton.

Der spanische Doppelweltmeister zeigte dabei offen seine Sympathie für den niederländischen Red-Bull-Piloten. Der hätte es deshalb schwer. So wie er selbst 2007 im teaminternen McLaren-Duell mit Lewis Hamilton. Alonso fühlte sich damals in jeder Beziehung benachteiligt. „Ich weiß, wovon ich rede,“ nahm er kein Blatt vor den Mund. Allein: Formel-1-Ikone Alonso, der in dieser Saison bei Alpine auch im fortgeschrittenen Alter noch eine Weltklasseleistung nach der anderen abliefert, würde folgendes gefallen.

In der Königsklasse bahnt sich eine Revolution an, welche die Machtverhältnisse verändern wird. Zwar nicht aus spanischer Sicht, aber aus deutscher. Im Moment ist der Status quo noch so: Kein Rennen mehr in Deutschland, nur noch zwei deutsche Fahrer, dazu ein Weltmeisterteam, das nur noch zu einem Drittel Mercedes gehört: Fazit: Der deutsche Einfluss hat in der Formel 1 in den letzten Monaten immer mehr nachgelassen. Doch das soll sich in Zukunft wieder ändern. Sowohl Vermarkter Liberty als auch die Automobilbehörde FIA haben den deutschen Konzernen den roten Teppich ausgerollt. Die müssen nur noch rübergehen.

Nicht nur mit einem neuen Motorreglement wollen die Macher der Königsklasse den Volkswagen-Konzern in die Formel 1 locken und Mercedes behalten. In Monza einigten sich die Protagonisten auf eine Antriebsformel, die genau den deutschen Großkonzernen in die Karten spielt. Wichtig dabei: Mercedes hat eingelenkt. Die Stuttgarter bestanden bis zuletzt auf dem Abgas-Generator MGU-H. Ein hoch kompliziertes und teures Bauteil, das so in der Serie keine Anwendung findet. Um das große Ganze zu fördern verzichtet der Stuttgarter Konzern jetzt auf die vorher geforderte MGU-H wird fallengelassen.

Die Lösung, mit der die deutschen Großkonzerne beide sehr gut leben können: Sechs Zylinder, Standard-Motorblock, bis zu 50 Prozent der Leistung kommt aus der Elektro-Maschine, Verzicht auf Durchflussmengenbegrenzung, Kostensenkung auf eine Million Euro pro Antriebseinheit, nachhaltiger Sprit.

Hintergrund: Für die Hersteller ist die Kombination aus Hybrid mit starkem Elektroanteil und eFuels / Bio-Benzin die Chance, den nächsten Schritt auf dem Weg zur Mobilität der Zukunft zu gehen und die Abhängigkeit von der reinen Elektromobilität aufzulösen. Und, die gigantische Marketingplattform Formel 1 gleichzeitig zu nutzen, um weltweit Glamour-Image zu verbreiten, das wiederum zu höheren Verkaufszahlen führt – und damit Motorsport zum wichtigen Baustein für die nachhaltige Zukunft macht.

Geplanter Beginn der Motoren-Revolution ist 2026. Ein Jahr früher, so wie ursprünglich geplant, kommt zu früh für potenzielle Neueinsteiger. Dabei dürften deren Pläne schon fortgeschritten sein. Der VW-Konzern sitzt sowohl mit Porsche als auch Audi am Verhandlungstisch. In der Szene gilt als so gut wie sicher, dass man mit beiden Marken einsteigen will. Logisch wäre ein Engagement mit Porsche bei den beiden Red Bull-Teams. Audi könnte in McLaren einen passenden Partner finden. Die Ingolstädter denken darüber nach, sich mehranteilig beim Traditionsteam zu beteiligen und zudem einen Supersportwagen für die Straße zu bauen, der – genau wie die Königsklasse – dann Image und Nachhaltig verbindet. Doch damit nicht genug: Offenbar gibt es für 2026 erneut Änderungen auch am Chassis-Reglement. Das würde bedeuten, dass Neueinsteiger wie eben Audi keine Nachteile hätten.

Audi, Porsche und Mercedes also als Motorhersteller neben Ferrari und Renault in der Formel 1, Audi und Mercedes sogar als Teams. Glaubt man den Spatzen, die in Stuttgart, und Wolfsburg von den Dächern pfeifen, steht BMW jetzt unter Druck. Die Bayern wären dann nämlich der einzige deutsche Premiumhersteller, der nicht in der Königsklasse vertreten ist. Die Vorstände dort müssten sich den Fragen ihrer Aufsichtsräte stellen, warum man sich diesem Win-Win-Konzept nicht auch anschließen will. Und nicht auf den Zug mit aufspringen, der die deutschen Hersteller vom bloßen Wettbewerber zum richtungsweisenden Bestimmer der Königsklasse macht.

Allein: Es gibt Hinweise, dass die amerikanische Rennfahrerdynastie Andretti 80 Prozent des Sauber-Teams erworben hat. Bisher hielt die schwedische Rausing-Familie (Tetra Pak) dort die Aktien in der einer Hand. Andretti war bis zum Ausstieg Partnerteam von BMW in der Formel E. Vielleicht ist Andretti jetzt nichts anderes als das trojanische Pferd für die Münchner, um den Weg zurück in die Königsklasse zu finden.

RALF BACH

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