Alle lieben Nagelsmann

von Redaktion

Bosse, Spieler, Fans: Beim FC Bayern ist man begeistert vom neuen Trainer

VON MANUEL BONKE UND PHILIPP KESSLER

München – Julian Nagelsmann feierte mit dem 5:0-Erfolg in der Champions League gegen Dynamo Kiew seinen neunten Sieg im zehnten Spiel im Dienste des FC Bayern – nie zuvor ist ein Trainer bei den Münchnern besser gestartet. Der 34-Jährige verzückt den FCB nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz: Spieler, Fans, Mitarbeiter, Bosse – alle lieben Juhuuulian. Aber was ist das Erfolgsgeheimnis des gebürtigen Landsbergers? Unsere Zeitung klärt auf . . .

Im Umgang mit den Bayern-Stars ist Nagelsmann Kumpeltyp und Respektsperson zugleich. Vor oder nach dem Training kickt er in lockerer Atmosphäre mit seinen Spielern, während den Einheiten ist dann aber Schluss mit lustig. Kapitän Manuel Neuer, 35, beschreibt das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft wie folgt: „Es ist ein ganz offener Umgang, auch auf Augenhöhe. Weil Julian auch selber so verspielt ist. Trotzdem ist er sehr dominant. Er hat für jeden Spieler immer ein offenes Ohr. Das gilt nicht nur für ihn, sondern für das ganze Trainerteam.“

Das zeigt das Beispiel von Joshua Kimmich. Zum Start unter Nagelsmann sollte der Sechser den Spielaufbau den Innenverteidigern überlassen und stattdessen auf die zweiten Bälle gehen. Doch der Nationalspieler fühlte sich in dieser Rolle nur bedingt wohl. Er will den Ball häufig am Fuß haben und den Spielaufbau selbst gestalten. Daher suchte Kimmich das Gespräch mit Nagelsmann – und war fortan wieder mehr am Spielaufbau beteiligt. Diese Diskussionsbereitschaft von Nagelsmann kommt bei der Mannschaft an.

Neben den Stars sind für einen Trainer in München die Bosse zweitwichtigster Ansprechpartner. Boss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic als neues starkes Führungsduo sind ebenfalls voll des Lobes über die Ex-Leipziger. „Es ist jetzt doch sehr schnell gegangen, dass man seine Handschrift sieht“, sagte Kahn vor dem Kiew-Spiel bei DAZN und lobte das verbesserte Defensivverhalten des Teams – und das Umschaltspiel: „Er versteht es, den Spielern Veränderungen schnell beizubringen, und das zeichnet ihn aus.“ Unsere Zeitung weiß, dass auch Ehrenpräsident Uli Hoeneß total glücklich mit Nagelsmann ist, weil er die Bayern-Familie pflegt.

Wie der drittjüngste Trainer der Bayern-Historie das schafft? Er gibt sich allen Angestellten gegenüber nahbar und als Teil von ihnen. Da kommt es schon mal vor, dass Nagelsmann Mitarbeiter eine Probefahrt mit seinem elektrischen Longboard machen lässt oder mit seiner Anwesenheit bei der wöchentlichen Volleyball-Runde überrascht. „Ich habe versucht, ein Klima zu schaffen, wo ich mich wohlfühle und wo auch andere Mitarbeiter gerne ins Büro kommen und mich nicht wie einen Außerirdischen sehen, nur weil ich Profi-Cheftrainer bin. Sondern dass man schon normal mit mir sprechen kann“, erklärt Nagelsmann und ergänzt: „Ich bin so, wie ich bin. Die Leute, die es mögen, da freue ich mich drüber. Die mich nicht mögen, sollen einfach nicht mit mir sprechen. Ist auch okay.“

Liebesbekundungen gibt es auch aus der Fanszene. Matthias Haser vom Fanclub Kösching/Kasing sagt: „Ich finde, Julian Nagelsmann hätte keinen bessern Einstand bei Bayern haben können. Seit Nagelsmann verpasse ich auch keine Pressekonferenz mehr, denn anders als zum Beispiel bei Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti lässt er tief blicken und hat dabei immer einen Witz auf Lager.“

Trotz aller Euphorie um seine Person gibt sich Nagelsmann zurückhaltend: „Ich weiß es einzuschätzen, weil ich schon auch weiß, wie die Fußballwelt funktioniert. Generell werden Menschen sehr schnell in den Himmel gelobt und werden aber auch sehr schnell, wenn es andersrum geht, wieder fallen gelassen.“

Doch davon ist Nagelsmann derzeit weit entfernt.

Artikel 1 von 11