Der Chefstratege dreht auf

von Redaktion

Ungeachtet der Impfdebatte: Bayern-Star Kimmich mit Leistungsexplosion

VON PHILIPP KESSLER

München – In Pandemie-Zeiten ist weiterhin vieles unsicher. Doch eine Konstante gibt es seit über einer Woche: Beinahe jeder, der in Deutschland Rang und Namen hat, hat angesichts der Impfdebatte um Joshua Kimmich (26) den Drang, sich dazu zu äußern. Was seit Tagen auf den Bayern-Star, der sich das Vakzin noch nicht verabreichen hat lassen, hereinstürzte, gleicht einem öffentlichen Tsunami. Teilweise wird er wegen seiner vorläufigen Entscheidung heftigst angegriffen.

Der FC Bayern hat sich klar pro Impfung positioniert, die Verantwortlichen setzen Kimmich und die vier weiteren ungeimpften Spieler aber nicht unter Druck. Nun springt auch Oliver Bierhoff (53), Direktor Nationalmannschaften und Akademie beim DFB, dem Schwaben zur Seite. „Wir haben als DFB selbst eine Impfkampagne gestartet und ermutigen jeden sich impfen zu lassen. Es steht jedoch auch außer Frage, dass wir in Deutschland keine Impfpflicht haben und daher auch die Einstellung von Jo akzeptieren und weiter voll hinter ihm als Nationalspieler stehen“, sagte Bierhoff der „Bild“-Zeitung. Der DFB-Boss fügte an: „Ich habe aber kein Verständnis dafür, dass Joshua jetzt öffentlich an den Pranger gestellt wird.“

Fakt ist auch: Der öffentliche Wirbel beschäftigt Kimmich, der kein Impfgegner ist, aber noch Zweifel an den bisher verfügbaren Impfstoffen hat, auf dem Fußballplatz nicht. Beim 5:2 am Mittwoch in der Champions League gegen Benfica Lissabon zeigte er seine wohl beste Leistung in einer Saison, in der er zu Beginn noch leichte Schwierigkeiten hatte. Einer der Gründe: Seine Stärke liegt im Spielaufbau – und dieser lief anfangs unter dem neuen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann (34) über die Innenverteidiger. Mittlerweile hat sich dies jedoch verändert. Gegen die Portugiesen lief fast jeder Angriff über Kimmich. „Unser Offensivspiel wurde viel angetrieben von unserem Sechser, von Josh“, merkte Nagelsmann nach dem für ihn besten Bayern-Auftritt der Saison.

Mit seinen Pässen im Duell mit Benfica hat Chefstratege Kimmich Räume geöffnet, meist den Ball vor der Torvorlage gespielt. Sogar seine gefürchteten Chip-Bälle hinter die gegnerische Abwehr waren diesmal wieder zu sehen.

Auch weil die Abstimmung vorne immer besser wird. Ein schönes Beispiel: In der 32. Minute chippte Kimmich die Kugel wunderbar auf Robert Lewandoski (33). Der Pole legte daraufhin auf Serge Gnabry (26) ab, der traumhaft mit der Ferse zum 2:0 traf.

Kimmich scheint langsam aber sicher anzukommen im System von Fußballfachmann und Taktik-Experte Nagelsmann, mit dem er sich regelmäßig austauscht. Die Automatismen greifen, abgesehen vom Pokal-Aus gegen Gladbach (0:5), besser – auch wenn Trainer und Mannschaft aufgrund des vollgepackten Terminkalenders nicht so viel Trainingszeit bleibt wie gewünscht. Aus Gründen der Belastungssteuerung rotiert Nagelsmann in Absprache mit dem Betreuer-Team regelmäßig, gibt auch hin und wieder trainingsfrei. Aus Sicht von Kimmich vermutlich sogar zu oft – der ehrgeizige Bayern-Star würde bekanntlich am liebsten täglich auf dem Rasen stehen. Es gibt keinen Tag, an dem er nichts macht. Mit Ex-Leichtathlet Tim Lobinger (49) arbeitet er beispielsweise regelmäßig an seiner Funktionalität.

Am Samstag (15.30 Uhr, Sky) empfangen Kimmich & Co. den Drittplatzierten SC Freiburg zum Topspiel in der Bundesliga. Gegen die hat er mit dem FC Bayern bislang noch nie verloren. In zehn Spielen gab es sieben Siege und drei Unentschieden für die Münchner.

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