Dass beim DFB alle paar Jahre der Präsident als gescheiterte Existenz aus dem Amt flüchten muss, ist fast schon zur Gewohnheit geworden. Weitaus stabiler pflegten da bisher die Verhältnisse beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zu sein. Auch Alfons Hörmann saß immerhin acht Jahre lang unbescholten im Chefsessel – bis ihn im Mai ein anonymer Brief zu Fall brachte. Der Vorwurf, er verbreite mit seinem Führungsstil unter den Angestellten des rund 28 Millionen Mitglieder zählenden Dachsportverbandes eine „Kultur der Angst“, entwickelte eine so gewaltige Eigendynamik, dass der höchste deutsche Sportfunktionär ankündigte, er werde sich im Dezember nicht mehr zur Wahl stellen. Hörmann, dessen Wirken von vielen als verdienstvoll eingestuft wird, hatte vor der persönlichen Diskreditierung kapituliert.
Dass der Allgäuer nun in einer Studie eindeutig entlastet wurde, nährt den nahe liegenden Verdacht, er sei ein Opfer eines abgekarteten Spiels geworden. Es war ja schon sehr erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit anonyme, unbewiesene Vorhaltungen dazu verwandt wurden, Hörmann gewissermaßen als Unmenschen und somit als untauglich fürs Präsidentenamt darzustellen. Auch die frühen Rufe verschiedener Spitzenfunktionäre nach Rücktritt und Neuanfang, passten so gar nicht zur dürftigen Faktenlage.
So laut und schrill das erste Echo auf Hörmanns angebliche Verfehlungen gewesen ist, so merkwürdig verhalten waren die ersten Reaktionen auf die am Dienstag veröffentlichte Analyse einer Wiesbadener Beratungsfirma, die dem DOSB mit Hörmann an der Spitze „eine gute Teamkultur“ bescheinigte. Dabei spricht immer mehr dafür, dass sich hier ein im DOSB-Rahmen noch nie dagewesener Skandal abzeichnet. Nicht auszuschließen ist, dass in hohen deutschen Sportfunktionärskreisen eine Kultur der Intrige vorherrscht.
Hörmann ergriff nun die Initiative und verwies auf Indizien, die auf konspirative Machenschaften, eine von langer Hand (und womöglich von Verbandsfürsten) geplanten Umsturz hindeuten. Sollte sich dieser tonnenschwerwiegende Verdacht erhärten, dann würde dies den deutschen Sport in den Grundfesten zum Beben bringen. Schon jetzt ist es schwer genug, eine Glaubwürdigkeitskrise abzuwenden. Der DOSB – so viel ist sicher – steht vor stürmischen Zeiten.
Armin.Gibis@ovb.net