Es muss schon ziemlich übel bestellt sein um das Innenleben des Deutschen Olympischen Sportbundes, wenn sich sogar ein strammer CSU-ler davon abschrecken lässt. Stephan Mayer jedenfalls wird nicht Nachfolger seines Parteifreundes Alfons Hörmann an der Spitze des DOSB. Und das ist erst mal eine gute Nachricht. Die Christsozialen haben ja gerade während der Pandemie deutlich gemacht, dass zumindest der Breitensport, wenn es um dessen Bedeutung für die Gesellschaft geht, krass weit hinten anzusiedeln ist.
Gut, Mayer ist aktuell noch Staatssekretär im Bundesinnenministerium, das auch für den Sport zuständig ist. Ob ihn das nun qualifiziert hätte, einen Verband mit 27 Millionen Mitgliedern zu befrieden, sei dahingestellt. Wird auch für Claudia Bokel schwierig oder Thomas Weikert, die Anfang Dezember nun zur Wahl stehen. Denn erst mal muss kräftig aufgeräumt werden bei dem Tohuwabohu, das Hörmann nicht nur dank undurchsichtiger Aktionen gegen aktuelle und einstige Mitarbeiter hinterlässt.
Es ist, um es deutlich zu sagen, ein verheerendes Bild, das die beiden größten deutschen Sportverbände derzeit von sich zeichnen. Denn auch der einst so stolze DFB macht ja gerade vor allem durch erbitterte Grabenkämpfe von sich reden und hat nur das Glück, dass es unter dem neuen Bundestrainer zumindest sportlich läuft. Wie aber hinter den Kulissen intrigiert, gefightet und gemobbt wird, ist Stoff für einen Wirtschaftskrimi oder Herausforderung für investigative Journalisten.
Warum aber ist es so schwierig, gute Leute zu finden für Spitzenpositionen im Sport? Wir hatten doch so viele tolle, höchst sympathische Sportler, die nach Ende ihrer aktiven Laufbahn prädestiniert scheinen für ein solches Amt. Mit ihrer Erfahrung im Spitzensport, ihrem Netzwerk, ihrer Aura. Ist es zu böse, wenn wir vermuten, dass eben die Erfahrung der Grund ist, sich dieser Aufgabe zu verweigern? Wer hautnah miterlebt hat, wie es in Führungsetagen des Sports zugeht, will dort wohl nicht zwingend hin.
Also überlassen sie das Feld denen, die früher mal mehr hobbymäßig aktiv oder einfach nur Fans waren, die sich als Funktionäre mit Demut und Fleiß nach oben gebuckelt haben. Oder eben Quereinsteigern aus der Politik, die sowieso glauben, alles zu können. Längst aber wird im Sport derart viel Geld umgesetzt, dass man dafür keine ehrenamtlichen Präsidenten mehr, sondern hartgesottene Profis aus der Wirtschaft bräuchte. Dort aber ist mehr zu verdienen, bei vermutlich weniger Ränkespielen und persönlichen Animositäten.
Sportverbände suchen also am besten die eierlegende Wollmilchsau, einen Idealisten mit sportlicher Vergangenheit, finanziell unabhängig, team-, aber auch konfliktfähig, mit Durchsetzungskraft und Durchhaltevermögen. Claudia Bokel, einst Fechtweltmeisterin, später in der IOC-Exekutive, käme diesem Profil zumindest nahe. Im Fußball dagegen scheint wichtigste Anforderung zu sein, es mit dem Vize Koch besser zu können als es zuletzt Fritz Keller und Reinhard Grindel gelang.
Dabei gäbe es zum Beispiel einen Philipp Lahm, jung, dynamisch, beliebt, erfolgreich auch abseits des Fußballs. Und warum nicht Felix Neureuther als DOSB-Chef? Sympathisch, kritisch, klug, engagiert. Keiner setzt sich wie er für das Wohl unserer Kinder ein, keiner macht mehr, um sie vom PC wegzuholen, zur Bewegung zu animieren. Kostet brutal viel Kraft. Die sicherlich dort besser eingesetzt ist als bei einer aufreibenden Befriedung eines zerstrittenen Haufens selbstherrlicher Funktionäre.
Es gibt sie, aber sie zieren sich – aus gutem Grund.