0+20 – wenn Statistik verdächtig ist

von Redaktion

München – Eishockey-Statistiken sind guter Lesestoff. Sie bieten die erste Information über einen Spieler. Ist er treffsicher (weil er viele Tore schießt)? Ist er uneigennützig (wenn er viel mehr Vorlagen gibt, als er Treffer erzielt)? Übernimmt er defensive Verantwortung (Plus-Minus-Bilanz)? Haut er unbeherrscht zu (pralles Strafzeitenkonto mit Fünf-Minütern)?

Die interessanteste Statistik unter den DEL-Akteuren hat derzeit Jesse Graham. Der Kanadier verteidigt für die Augsburger Panther und hat nach 20 Spielen folgenden Ertrag. Tore: keines. Assists, die zu Treffern durch Mitspieler geführt haben: 20. Einen in jedem Spiel. Das hat in der DEL sonst niemand zu bieten, auch kein Stürmer.

Vor einigen Jahrzehnten wäre diese Statistik verdächtig gewesen. Es gab nämlich durchaus Spieler – Paradebeispiel: der spätere Trainer Mike Zettel –, die Assistpunkte einkassierten, obwohl sie bei einem Tor gar nicht auf dem Eis gestanden waren. Doch zum Jubeln mit den Kollegen stürmten sie aufs Eis, fuhren zum Schiedsrichter und zeigten ihm ihre Rückennummer. Motto: Hast du, lieber Ref, meine schöne Vorlage gesehen? So entstanden unglaubwürdige Saisonbilanzen von 2 Toren und 40 Assists. Spieler hatten immer schon Prämien für Scorerpunkte in den Verträgen.

Die DEL lässt sich von solchen Spezialisten freilich nicht foppen. Sie überwacht in ihrem Gamecenter in Neuss ohnehin alle Spiele live und korrigiert nachträglich auch mal die Namen der an einem Tor Beteiligten. Die 20 Punkte des Kanadiers Jesse Graham, 27, sind also wahrhaftig. Er ist so gut, wie es die Statistik ausweist. Auch ohne eigenes Tor.  gük

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