Die Bayern fühlen sich gespalten

von Redaktion

Worauf der Verein im Umgang mit seinen ungeimpften Spielern achten muss

VON MANUEL BONKE

München – Gut gelaunt tippelte Julian Nagelsmann am Montagnachmittag auf den Trainingsplatz. Der Bayern-Cheftrainer – untenherum luftig in kurzer schwarzer Hose, oben dick eingepackt mit Halswärmer und grauer Mütze – ließ sich nicht anmerken, dass es hinter den Kulissen der Säbener Straße gewaltig brodelt. Das Quarantäne-Chaos rund um Joshua Kimmich, Serge Gnabry, Jamal Musiala, Eric Maxim Choupo-Moting und Michael Cuisance sorgt intern für ordentlich Zündstoff – und spaltet den Verein.

Ungeimpfte Spieler: Das Fünfer-Gespann hat die letzten beiden Wochen mehr Zeit in der Quarantäne verbracht als auf dem Trainingsplatz. Das hat für sie nun Konsequenzen: Der Verein zahlt ihnen für die Quarantäne-Abwesenheit kein Gehalt. Dass Kimmich und Co. aufgrund ihrer Nicht-Impfung pro Woche teilweise auf Hunderttausende Euro verzichten müssen, stößt ihnen freilich sauer auf. So sehr sogar, dass einige Spieler laut Bayerischem Rundfunk darüber nachdenken, rechtliche Schritte gegen das Einbehalten der Lohnfortzahlungen zu prüfen. Sollten die ungeimpften Bayern-Stars tatsächlich klagen, hätte das katastrophale Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis zwischen Stars und Club.

Geimpfte Spieler: Leroy Sané ist geimpft und will als Gesicht der Impf-Kampagne des Bayerischen Gesundheitsministeriums andere Menschen dazu animieren, sich ebenfalls den Piks zu holen. Dieser Vorbildfunktion wird Sané auch innerhalb der Mannschaft gerecht und riet seinen Teamkollegen am Montag indirekt öffentlich zur Impfung: „Ich bin selbst geimpft und einer, der dafür steht. Ich habe es bei Serge schon einmal erwähnt. Ich respektiere ihre Entscheidung. Wir haben auch schon alles dazu gesagt. Die Spieler wissen, wie der Stand ist.“

Trainer: Julian Nagelsmann ist in der Zwickmühle: Der Trainer hat sich bereits häufig für eine Impfung ausgesprochen und vertritt eine klare Meinung. Doch die kann er den ungeimpften Spielern nicht so schonungslos ins Gesicht sagen, wie er es vermutlich gerne täte. Dann läuft Nagelsmann Gefahr, das Vertrauen seiner Spieler zu verlieren – und gerade Kimmich und Gnabry sind unter ihm absolute Leistungsträger und Führungsspieler. Daher gab er sich am Montag diplomatisch: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, dass wir das Thema zu groß diskutieren.“ Er glaubt nicht, dass seine Mannschaft an der Impf-Debatte zerbricht: „Am Ende ist es immer Auszeichnung eines Teams oder einer Gruppe, dass man nicht immer einer Meinung sein muss, sondern diese Themen kontrovers diskutieren darf.“

Bosse: Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic haben gemeinsam mit Internist Prof. Dr. Roland Schmidt in den vergangenen Wochen zahlreiche Gespräche geführt, um ihre Stars von einer Impfung zu überzeugen – ohne Erfolg. Das sorgt in der Führungsetage für Kopfschütteln. Man fürchtet um den sportlichen Erfolg. Der Verein strebt daher bis Ende des Jahres eine Impfquote von 100 Prozent an, wie es Erzrivale Dortmund geschafft hat. Mit den einbehaltenen Lohn-Fortzahlungen handeln sie getreu dem Motto: Wer nicht hören will, muss fühlen.

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