Neuer Anlauf für den deutschen Langlauf

von Redaktion

Pleite bei Heim-WM mühsam verdaut, doch Chefcoach Schlickenrieder bremst Erwartungen

Kuusamo – Schnee, Schnee und nochmals Schnee: Im finnischen Winterwunderland kann Peter Schlickenrieder derzeit die makellose Schönheit seines Sports genießen. Im Sommer hatte der Chef der deutschen Skilangläufer allerdings die Schattenseiten des Loipengeschäfts aufarbeiten müssen, die böse Pleite bei der Heim-WM, der krachend gescheiterte Angriff auf die Weltspitze – und die Lehren für die Olympiasaison daraus gezogen.

„Es ist nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben, wir hatten uns viel mehr vorgenommen“, sagte Schlickenrieder vor dem Weltcupstart in Ruka unweit des Polarkreises: „Uns haben die Corona-Einschränkungen mehr zu schaffen gemacht, als wir das gedacht haben. Aber es war eine wichtige Lehre für das, was jetzt ansteht. Die Olympischen Spiele in Peking bringen ähnlich schwierige Bedingungen mit sich.“

Nach acht Jahren ohne Medaille bei einem Großereignis – 2014 holte die Frauenstaffel Olympiabronze – ist der deutsche Skilanglauf weit entfernt von den goldenen Zeiten der Nullerjahre, als die Angerers und Teichmanns, die Sachenbachers und Nystads um große Titel mitliefen. Gegen die Topstars aus Nordeuropa und Russland ist die Nachfolge-Generation der Hennigs und Carls nur selten in der Lage, Nadelstiche zu setzen.

„Das Ziel einer Medaille haben wir weiter im Blick. Aber das ist – wenn überhaupt – nur in Teamwettbewerben zu schaffen, dem Teamsprint und der Staffel“, sagt Schlickenrieder: „Aber wenn wir ehrlich sind, haben wir es in diesen Wettbewerben bislang nicht einmal im Weltcup auf ein Podest geschafft.“

Um das zu ändern, ist die Saisonplanung nicht mehr so einseitig auf den Saisonhöhepunkt ausgerichtet wie im Winter der Oberstdorfer Heim-WM – auch weil die Tour de Ski (28. Dezember bis 4. Januar) nach drei Jahren wieder im Allgäu Station macht. „Wir nehmen die ersten Weltcups sehr wichtig“, sagt der Bundestrainer, „um uns da das Polster zu schaffen, mit einer frühzeitigen Qualifikation wieder ins Training einzusteigen und dann den Höhepunkt vorzubereiten.“

Und eigentlich hätte ja Schlickenrieder in seinen jungen Reihen das Potenzial, um zumindest ganz verschämt in Richtung Peking-Medaille zu schielen – zumindest mit der Frauen-Staffel.

Katharina Hennig gehört im Distanzbereich an guten Tagen in weltweite Top-5-Nähe. Victoria Carl ist eine Allzweckwaffe – wenn sie mal gesund durch eine Vorbereitung samt folgender Saison kommen würde. Laura Gimmler war die positivste deutsche WM-Überraschung, Pia Fink hat im Sommer einen Riesenschritt nach vorne gemacht.

Die Männer hängen weiterhin zurück, doch in U23-Vizeweltmeister Friedrich Moch und Florian Notz sieht Schlickenrieder zumindest zwei Hoffnungsträger. „Die bilden ein geniales Duo, befruchten sich gegenseitig.“

Doch die Form im Training und in den ersten Weltcups ist vielleicht nicht das allerentscheidendste im Hinblick auf die Winterspiele (4. bis 20. Februar). Schlickenrieder predigt das, von dem er selbst reichlich besitzt: Gelassenheit. „Wichtig wird sein, dass man sich nicht über Dinge aufregt, die man nicht verändern kann“, sagt der Sprint-Olympiazweite von 2002: „Denn in Peking kommen viele davon auf uns zu.“

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