Der Münchner Mannheim-Komplex

von Redaktion

Seit drei Jahren verliert der EHC jedes Heimspiel gegen die Adler – 4:2 über Schwenningen

VON GÜNTER KLEIN

München – Wenn man Pavel Gross so hörte: Zufrieden war der Trainer der Adler Mannheim nicht mit dem, was er am Donnerstagabend von seiner Mannschaft gesehen hatte. Dass sie nach dem ersten Drittel 2:1 führte – sah gut aus auf dem Papier, „doch die Art und Weise, wie wir gespielt haben, hat mir nicht gefallen“, an den Banden habe man zu oft die Scheibe an die Münchner verloren. Okay dann für ihn die Phase, in der seine Adler auf 4:1 davonzogen – „aber danach waren wir zu passiv und haben nur versucht, das Ergebnis über die Runden zu bringen“.

Der EHC München hingegen bekam von seinem Trainer Don Jackson eine viel positivere Bewertung: Der Amerikaner hatte ein „in jeder Hinsicht gutes Spiel“ gesehen, mit „Chancen auf Tore“, und er könne „stolz sein auf den Charakter“, den die Mannschaft gezeigt habe.

Was nicht zu den Statements passte, war das Ergebnis: Die mit sich kritischen Mannheimer gewannen bei den relativ zufriedenen Münchnern mit 5:2. Und das Resultat war kein Ausnahmefall, sondern ist in den vergangenen dreieinhalb Jahrenseit der letzten Münchner Meisterschaft von 2018 zur Regel geworden: Die Adler gewinnen, wenn sie am Oberwiesenfeld antreten. Es war der neunte Sieg in Folge, eine außergewöhnliche Bilanz zwischen zwei Clubs, die sich von ihren Rahmendaten auf Augenhöhe begegnen.

Ist Mannheim vielleicht einfach besser? Das mit einem anerkennenden Ja zu beantworten, würde nicht zum Selbstverständnis des EHC München passen. Don Jackson weigert sich nachgerade, ein Muster der Niederlagen und eine Regelmäßigkeit zu erkennen. „Dinge kommen und gehen“, sagt er, „ich sehe jedes Spiel für sich, und wir hören nicht auf zu arbeiten“. Auch bei den Münchner Spielern ist es kein Thema, dass der Kader der Adler der bessere sein könnte. „Wir haben nur unsere Chancen nicht genutzt“, erklärte Yannic Seidenberg nicht zum ersten Mal. Vorige Saison hatte er in einem TV-Interview nach einer Niederlage in Mannheim ungehalten auf zu großes Lob des Fragestellers für die Adler reagiert: „Und sind die jetzt Meister – oder was?“

Pavel Gross ist die Schlüsselfigur in der Rivalität der beiden Clubs. Er war lange Trainer in Wolfsburg, erreichte mit dem finanziell mittelprächtig ausgestatteten Verein dreimal die DEL-Finalserie und scheiterte dort an von Don Jackson gecoachten Teams (einmal Berlin, zweimal München). In Mannheim hat Gross andere personelle Möglichkeiten, er nutzt sie aus. Und er kennt das immer gleiche Jackson-System, weiß, wie man Scheiben gewinnt und kontert.

Auch die Psychologie spielt eine Rolle in diesem großen Duell. Dass Don Jackson am Sonntag nach der Niederlage (2:3 n.V.) den Mannheimer Stürmer Matthias Plachta anklagte, Strafzeiten zu schinden, hat die Mannheimer erst recht heiß auf den EHC gemacht. „Die Pressekonferenz konnte man ja nachschauen“, erklärte Torhüter Dennis Endras, dass Jacksons Verbalangriff ein Thema in der Kabine war. Der 36-Jährige selbst lieferte eine große Partie, bot gar eine Parade im Liegen. „Man versucht halt irgendwie, mit irgendeinem Körperteil an den Puck zu kommen“, erklärte er. Auf einen solch starken Goalie traf der EHC 24 Stunden später nicht. Am Freitag gewann er gegen Schwenningen durch Tore von Hager (2), Parkes und Kastner 4:2 (2:2, 2:0, 0:0).

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