Julian Nagelsmann hat sich am Donnerstagabend das Eishockeyspiel des EHC München gegen die Adler Mannheim angesehen. Vom Stadionsprecher, der ein Blauer ist, wurde er vorgestellt als „ehemaliger U 17-Kapitän des TSV 1860“, was charmant frech war (und die jetzige Position wurde noch nachgemeldet). Nagelsmann ist derzeit so etwas wie der ideale Besucher einer Sportveranstaltung. Bei ihm gilt nicht nur „genesen oder geimpft“, er ist ja beides. Zudem musste beim Eintritt ins Eisstadion noch ein tagesaktueller negativer Corona-Test vorgelegt werden. Nagelsmann trug ordnungsgemäß auch eine FFP2-Maske – insgesamt könnte man seinen Status also als 2GSuperPlus beschreiben. Zu toppen nur noch dadurch, dass der Test einer aus der PCR-Klasse ist: 2GSuperMaxiPlus. Oder durch Einsatz einer FFP3-Maske: 2GSuperMaxi3Plus. Upgrade möglich noch durch diverse Kontaktnachverfolgungs-Apps.
Es hat in den letzten Tagen kaum noch jemand durchgeblickt, unter welchen Bedingungen man Sport treiben oder Sport schauen darf. Weil es so kompliziert ist und sicher auch, weil es gute Gründe gibt, Menschenansammlungen derzeit zu meiden, sind viele daheim geblieben. Wenn beim FC Bayern (auch wenn’s nur gegen Bielefeld ist), von 18 000 verfügbaren Karten lediglich 11 000 weggehen, ist das schon ein Zeichen tiefer Unsicherheit. Dass die Politik nun grundsätzliche und scharfe Restriktionen verhängt, wird die klare Mehrheit der Vernünftigen begrüßen – allerdings absehbar verzweifelt seufzen, weil nicht in jeder Entscheidung die Logik zu erkennen sein wird. Und weil daraus – Nebeneffekt – der sportliche Wettbewerb beeinträchtigt werden kann. Es kommt zu Ungleichheiten zwischen Standorten und Sportarten.
Es wird auch wieder Geisterspiele geben. Ist es korrekt, sie 0G zu nennen? Oder 0G3, weil vor null zahlenden Zuschauern die, die bei den Geisterspielen auf den Spielfeld auftreten, dem 3G-Protokoll folgen müssen? Freilich ginge auch 4G als Bezeichnung: Genesen, geimpft, getestet, Geist.
Guenter.Klein@ovb.net