„Ich würde Vettel einen Smart hinstellen“

von Redaktion

Strietzel Stuck über Öko-Engagement, Formel-1-Finale & Mick Schumachers Zukunft

München – Er fuhr 74 Rennen in der Formel 1, gewann Le Mans, siegte in der DTM – das Interview mit dem gebürtigen Grainauer Hans-Joachim „Strietzl“ Stuck (70) über Formel-1-Finale und Sebastian Vettels Öko-Kampf.

Herr Stuck, Sie haben gesagt, an Aston Martins Stelle würden Sie Sebastian Vettel den Dienstwagen wegnehmen, weil er sich für ein Tempolimit ausspricht. Warum so hart?

Umweltschutz und Tempolimit sind in meinen Augen zwei Paar Stiefel. Ich bin auch ein umweltbewusster Mensch: Ich trenne meinen Müll, ich reise vernünftig. Aber wenn man als Deutscher schon in der Schweiz wohnt, wo sowieso ein Tempolimit ist, dann muss man uns Deutschen als Automobilland nicht noch das letzte Privileg nehmen. In vielen Studien wurde nachgewiesen, dass wir durch ein Tempolimit kaum Sprit einsparen können. Wenn ich der Chef von Aston Martin wäre, würde ich ihm das Auto wegnehmen und einen Smart hinstellen.

Grundsätzlich setzt sich Vettel für Gleichberechtigung, Diversität, Umweltschutz ein …

… und das finde ich wunderbar. Ehrlich: Ich finde es super, dass er sich um andere Dinge kümmert. Das zeigt, dass ein Formel-1-Fahrer auch andere Dinge im Kopf haben kann.

Die Saison lief für ihn und Aston Martin nicht gut: Bekommt er noch die Kurve?

Sebastian hat das sicher drauf, denn er hat weder das Fahren verlernt noch wie man ein Team führt. Er ist nicht umsonst viermaliger Weltmeister. Vettel ist eine Ausnahmeerscheinung und bleibt einer der größten Rennfahrer, die Deutschland und die Königsklasse je gesehen haben. Für mich spielt er in einer Liga mit Prost, Senna oder Hamilton. Nur das Tempolimit hat mir nicht gefallen.

Wie finden Sie es, dass er sich quasi als Ersatzvater um Mick Schumacher kümmert?

Super! Es ist toll, dass er bereit ist, sein Wissen weiterzugeben und gleichzeitig Freundschaften pflegt. Höchstes Kompliment.

Wie bewerten Sie Mick Schumachers erste Saison in der Formel 1?

Auch davon bin ich begeistert. Man darf nie vergessen, mit welchem Druck der gute Mick da umgehen muss. Seinen Teamkollegen hat er im Griff – und ich finde, er hat in diesem Jahr eine perfekte Visitenkarte abgegeben. Wenn ich ein Teamchef eines guten Teams wäre, würde ich ihm ein Angebot machen.

Zur Gegenwart: Am Sonntag kämpfen Lewis Hamilton und Max Verstappen um den WM-Titel. Bekriegen sich die beiden über dem Limit?

Dass mit harten Bandagen gekämpft wird, ist doch klar. Für Hamilton geht es darum, dass er sich in der Formel 1 unsterblich macht. Und für Verstappen und Red Bull geht es um den ersten WM-Titel. Ich wünsche mir nur, dass der Herr Todt (FIA-Präsident, d. Red.) den beiden sagt, dass sie in Abu Dhabi ein ordentliches Rennen fahren sollen. Fakt ist, dass hier zwei außergewöhnliche Fahrer um den Titel kämpfen.

Dabei wird Max Verstappen allerdings eine schmutzige Fahrweise unterstellt.

Das ist Unsinn! Max fährt garantiert nicht schmutzig. Was man aber sagen kann: Es gab in diesem Jahr ein paar Manöver, in denen er die Bremspunkte kaum noch nachvollziehbar nach hinten verschiebt. Und das macht ihn zu einem ganz besonderen Piloten, zu einer fahrerischen Ausnahmeerscheinung. Das mag schmutzig wirken, ist es aber nicht. Das ist knallhart und super gefahren. Er verschiebt die Grenzen.

Auf wen tippen Sie als Weltmeister?

Ich gebe zu, dass ich für Max und Red Bull beide Daumen drücke. Max gefällt mir einfach. Er lässt sich nicht verbiegen und ist ein guter Typ. Red Bull hat den Titel auch mal wieder verdient, denn ohne Red Bull hätten wir vier Autos weniger in der Formel 1. Denen muss man Tribut zollen, dass sie als Nicht-Hersteller-Team solche Erfolge einfahren.

Abgesehen vom WM-Kampf, der in der Wüste stattfindet: Wie sehr fehlt der Formel 1 ein deutsches Rennen?

Extrem. Dass wir als Deutschland, der Automobilnation schlechthin, nicht in der Lage sind einen GP auszutragen, ist mir ein Rätsel.

Interview: Ralf Bach

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