München – Erstaunlich ist es ja schon. Derselbe FC Bayern, der vor gut einem Monat nach einem 0:5 in Gladbach krachend aus dem Pokal ausschied, verbreitet sowohl in der Bundesliga als auch in der Champions League wieder Angst und Schrecken. Erst der Prestigesieg gegen Borussia Dortmund, womit man dem BVB in der Tabelle wieder auf vier Punkte entwischt ist – und vier Tage später wurde mit einem 3:0 gegen den FC Barcelona auch noch die perfekte Gruppenphase in der Königsklasse perfekt gemacht. Sechs Spiele, sechs Siege sowie eine Tordifferenz von plus 19 – exakt dieselben Werte, die die Münchner bereits bei der Triplesaison 2019/20 aufwiesen.
Dieselben Bayern, die vor knapp drei Wochen noch in Augsburg (1:2) verloren, gelten plötzlich wieder als Mitfavorit auf die Champions League. Stellt sich die Frage: Wie gut sind die Bayern wirklich?
Julian Nagelsmann ist bekannt dafür, nicht groß um den heißen Brei herumzureden – und übte sich daher in rhetorischer Schizophrenie. Zum einen winkte der FCB-Coach nicht ab, als die klassische Frage nach der Anwärterschaft in Europas höchster Spielklasse aufkam. „Es ist schon unser Anspruch, einer der Favoriten zu sein. Wir wollen gerne die Champions League gewinnen“, sagte der Fußballlehrer, der den Auftritt seiner Mannschaft in der Gruppenphase der Champions League als „total souverän“ bezeichnete.
Gleichwohl kam und kommt Nagelsmann nicht umhin, immer wieder auf die nach wir vor sichtbaren Mängel im Spiel seiner Mannschaft zu sprechen zu kommen. Diese werden insbesondere dann deutlich, wenn die Roten mal nicht in Ballbesitz sind und der Gegner das Spiel gegen stets hoch stehende Bayern schnell macht. Oder wie es Nagelsmann im Fachjargon ausdrückte: „Wir haben sehr viel Ballbesitz. In der Champions League und in der Bundesliga am meisten. Wir sind sehr offensiv positioniert, weil wir den tiefen Block des Gegners umspielen wollen. Wir müssen deshalb in der Restverteidigung und im Gegenpressing sehr gut organisiert sein, um das zu kompensieren. Wir hatten oft die Situation, dass wir auf der Ballseite keinen Druck machen und die ballferne Seite nicht schnell genug geschlossen hat. So entstehen Räume, die der Gegner häufig gut genutzt hat. Da müssen wir uns weiter verbessern.“
Zur Erinnerung: In den vergangenen neun Partien haben sich die Bayern lediglich zweimal keinen Gegentreffer gefangen. Somit ist auch klar, warum beispielsweise Freiburg (13) oder Mainz (14) in der Bundesliga weniger Treffer kassiert haben als die Münchner (15). Kompensiert wird dies derweil vom Angriff mit den meisten Torerfolgen der Liga (45). Angesichts der drohenden Kracher im Achtelfinale der Champions League (siehe Text unten) gilt es allerdings, die Anfälligkeit im Defensivverbund so weit zu minimieren, dass die Bayern ohne Achillesferse in den entscheidenden Frühling starten können. Und dazu gehört die gesamte Mannschaft, wie Nagelsmann erklärte: „Wenn du im Aufbau Anschluss und eine gute Spielgeschwindigkeit hast, bist du im Pressing aktiver und in besserer Position. Wenn wir das machen, dann sind wir schon schwer zu schlagen.“ Noch Fragen?
Sechs Gruppenspiele, sechs Siege – bei einer Tordifferenz von plus 19. Die gleichen Werte wie in der Triplesaison 2019/2020.