München – Stimmt was nicht bei Robert Lewandowski? In sportlicher Hinsicht offensichtlich nicht, der Pole schießt schließlich weiterhin Tore am Fließband. Erst vergangenen Dienstag in Stuttgart (5:0) netzte er einmal mehr doppelt ein, egalisierte damit Gerd Müllers Bundesliga-Torrekord (42) in einem Kalenderjahr aus dem Jahre 1972. Wettbewerbsübergreifend liegt Lewandowski übrigens bei 68 – und damit nur einen Treffer hinter der internationalen Bestmarke von Cristiano Ronaldo.
Was jedoch auffiel: Sowohl beim 3:0 als auch beim 4:0 gegen den VfB jubelte Lewandowski nicht. Holt der Torjäger in der Regel nach jedem Treffer zu seinem typischen X- oder Faust-Jubel aus, drehte sich der kühl wirkende und grantig dreinblickende Lewandowski lediglich mit ernster Miene um und watschelte Richtung Mittellinie. Sieht ganz danach aus, als hätte der Torgarant etwas auf dem Herzen.
Nicht nur sein Nicht-Jubel sorgte für Aufsehen. Der Fast-Triumphator beim Ballon d’Or fiel zuletzt auch durch Geschimpfe auf dem Platz auf, wies seine Mitspieler zurecht, als diese mal nicht so spielten, wie es der Stürmer für richtig hielt. Gut möglich, dass sein Ärger auch mit dem neuen Spielstil unter Cheftrainer Julian Nagelsmann zu tun hat, mit dem er seine Schwierigkeiten zu haben scheint. Vor gut einem Monat ließ Lewandowski im Kreis der polnischen Nationalelf dezente Kritik durchblicken: „Bei Bayern war es für mich in letzter Zeit nicht einfach, Torchancen zu bekommen oder meinen Platz zu finden. Wenn man mit sechs Offensivspielern spielt und die Gegner sehr defensiv stehen, ist das für einen Stürmer nicht leicht“, hatte Lewandowski erklärt.
Seiner Torausbeute jedenfalls tun die Umstellungen keinen Abbruch: Unter Nagelsmann trifft der Angreifer statistisch belegt mit derselben Regelmäßigkeit wie vergangene Saison unter dessen Vorgänger Hansi Flick: alle 71 Minuten. Nagelsmann selbst sagte am Donnerstag: „Ich habe die Statistiken mit letztem Jahr verglichen: Abschlüsse in der Box und viele mehr sind nach oben geschraubt. Er hat jetzt mehr Situationen in und um den Sechzehner. Es ist also alles in bester Ordnung.“ Und weiter: „Den Jubel habe ich auch wahrgenommen. Es ist normal, dass es mal Phasen gibt, in denen man nicht zu einhundert Prozent zufrieden ist mit gewissen Abläufen. Wir haben auch immer wieder Austausch über diese Themen, damit er maximal glücklich und zufrieden ist auf dem Feld. Wichtig ist, dass er die Tore macht. Ob er dann einen X-Jubel macht oder nicht, kann er selber entscheiden.“
Nicht entscheiden kann er, ob der Name Erling Haaland (jetzt wieder) in Verbindung mit dem FC Bayern gebracht wird. Der Torefabrikant aus Dortmund trifft sogar alle 63 Minuten und könnte an der Säbener Straße endgültig ein heißes Thema werden, sollten sich die Verantwortlichen der Münchner und Lewandowski nicht einig werden, was die Verlängerung seines 2023 auslaufenden Vertrags angeht. Zumal spanische Medien nach wie vor der Meinung sind, dass der Traum von Real Madrid im Kopf des Polen noch nicht komplett ausgeträumt ist. Es bahnen sich spannende Monate an. Und diese Spannung ist Lewandowskis Körpersprache – Titel, Tore und Rekorde hin oder her – jetzt schon anzumerken.