Nichts ist in den vergangenen zwei Wochen so zerbröselt wie die Vorstellung vom traumhaften olympischen Eishockey-Turnier. Deutschland mit seinem Heros Leon Draisaitl, all die anderen großen Nationen mit ihren Stars aus der NHL – eine Leistungsschau des Sports, wie es sie seit acht Jahren, seit Sotschi 2014, nicht mehr gegeben hatte, so war es ausgemacht. Dass die National Hockey League den erstbesten Anlass nutzen würde, um ihre wertvollen Angestellten nicht auf die Abenteuerreise nach Peking schicken zu müssen und sich somit aus dem Vertrag zu winden, konnte man absehen. Deutschland durfte sich nach Absage der NHL, basierend auf einer mittlerweile stabilen Nationalmannschaft, die sich aus DEL-Reihen zusammensetzt, und der Silbermedaille von Pyeongchang 2018 eine gute Chance ausrechnen – doch nun steht beim Deutschen Eishockey-Bund wie auch bei den Verbänden aus der Schweiz, Schweden oder Finnland die Frage im Raum: Stellen noch die Trainer unsere Teams auf – oder ergibt sich die Berufung ausschließlich aus der pandemischen Lage?
Schönes oder genauer gesagt unschönes Beispiel aus Deutschland: Am Silvester-Vorabend spielte München gegen Iserlohn, drei Tage später München gegen Wolfsburg. Das Corona-Virus, vermutlich mit der Omikron-Variante in der Überzahl (um einen Eishockey-Terminus zu verwenden), wanderte von Mannschaft zu Mannschaft. Iserlohn, München, Wolfsburg sind jetzt in Quarantäne. Aufgrund einer hohen Impfquote werden die Fälle wohl milde verlaufen und die Betroffenen schneller wieder zur Verfügung stehen als noch zur Delta-Zeit – doch was bedeutet es für die Nationalmannschaft, wenn es die nächsten Vereinsteams erwischt? Was die Akteure zudem schrecken dürfte: eine ausgedehnte Quarantäne im Fall eines positiven Tests in Peking. Kann leicht passieren, denn Omikron scheint auf dem Eis zu großer Form aufzulaufen. Wer hat Lust, 21 Tage in einem chinesischen Hotelzimmer zu verschwinden?
Was tun? Auf Zeit spielen, darauf setzen, dass die Omikron-Welle in einem Monat vorüber sein wird – das ist eine Option. Die bessere: Das Turnier aus dem olympischen Programm herausnehmen, es auf August verschieben. Längst keine ungewöhnliche Jahreszeit für Eishockey mehr. Der internationale Fußball hat den Sommer dieses Jahr freigelassen. Eishockey – mit der NHL – könnte ihn besetzen.
Guenter.Klein@ovb.net