Ruhpolding – Nach seinem letzten Rennen vor Olympia sank Erik Lesser völlig erschöpft zu Boden. Die Verfolgung zum Abschluss des Heim-Weltcups im Biathlon-Mekka Ruhpolding war für die deutsche Medaillenhoffnung „eine einzige Qual“ – die Freude über die starken Leistungen knapp drei Wochen vor den Winterspielen in Peking überwog dann aber doch. „Die Ergebnisse stimmen. Natürlich zeigt meine Formkurve nach oben für Olympia“, sagte Lesser, der wie im Sprint auch im Jagdrennen am Sonntag starker Sechster wurde. Beim Sieg des französischen Gesamtführenden Quentin Fillon Maillet fehlten Lesser 24,8 Sekunden aufs Podium, ein Fehler beim letzten Schießen war zu viel.
Doll hatte am Donnerstag mit dem 2. Platz im Sprint ein Ausrufezeichen gesetzt, im Verfolger gab er seine Siegchancen in Führung liegend mit je zwei Fehlern im Stehendschießen aus der Hand und wurde Elfter. Dennoch: „Das sind weitere Meilensteine in der Entwicklung des Teams, die uns Ruhe und Sicherheit geben in Richtung Peking“, sagte Bundestrainer Mark Kirchner und zog ein „positives Fazit“.
Während sich die Männer kurz vor dem Saisonhöhepunkt in China im Aufschwung befinden, stecken die deutschen Frauen in einer Krise. In Abwesenheit von Franziska Preuß, die sich weiter von einer Fußverletzung sowie Corona-Infektion erholt, war ein 17. Platz von Franziska Hildebrand im Sprint das höchste der Gefühle. „Wir müssen trotzdem ruhig bleiben“, betonte Bernd Eisenbichler, Sportlicher Leiter der Biathleten. Auch am Sonntag kam die 34-jährige Hildebrand in der Verfolgung als erneut beste DSV-Skijägerin nicht über einen 20. Platz hinaus. Denise Herrmann ließ nach Rang 24 im Sprint das Jagdrennen planmäßig aus.
Bei den Männern überraschte David Zobel in seinem vierten Weltcup-Rennen als Zehnter, er schoss nur einmal daneben. „Insgesamt ein geiles Rennen“, sagte der 25-jährige vom SC Partenkirchen, der auch die halbe Olympia-Norm erfüllte. Philipp Nawrath rundete auf Platz 15 ein ausgezeichnetes Mannschaftsergebnis ab.
Am Samstag waren die DSV-Männer mit einem 2. Platz in der dritten Staffel des Olympia-Winters zudem erstmals aufs Podest gestürmt. „Das Ergebnis gibt uns viel Selbstvertrauen Richtung Peking“, sagte Eisenbichler, das gebe „einen Ruck“ nach vorne. Schlussläufer Nawrath sprach von einem „Fingerzeig“, nachdem er nur sieben Sekunden hinter Russland ins Ziel gekommen war.
Zunächst steht am Montag die Olympia-Einkleidung in München auf dem Programm, dann gehen die Pläne auseinander. Doll wird ab Donnerstag bei der Generalprobe in Antholz antreten, genauso wie Herrmann, die für den Massenstart am Sonntag plant. Lesser und Nawrath verzichten hingegen auf die Rennen in Südtirol. Beim positiv auf Covid-19 getesteten Kühn, einziger deutscher Saisonsieger, ist ein Antreten unwahrscheinlich.
Franzi Preuß will sich in der Heimat weiter langsam auf Wettkampfniveau zurückkämpfen. Sie habe am Samstag erstmals „ein bisschen trainiert“, sagte Eisenbichler, „wir müssen von Tag zu Tag schauen und positiv bleiben.“ Mit Blick auf Olympia sei es „keine optimale Ausgangsposition“, aber möglich.
Am 31. Januar werden die deutschen Biathleten von Frankfurt nach Peking fliegen. Teils mit Medaillenhoffnungen, teils mit Sorgen. sid