Zauchensee – Kira Weidle lächelte beseelt, als ihr Wolfgang Maier beinahe zärtlich über den Kopf streichelte – und dort lag auch das Geheimnis ihres Erfolges. „Bei mir ist alles Kopfsache“, sagte Weidle nach ihrem starken zweiten Platz bei der Abfahrt in Zauchensee, ihrem besten Weltcup-Ergebnis. Weil der Kopf der WM-Zweiten in diesem Winter bislang noch nicht wie erhofft mitgespielt hatte, kam ihr Coup am Kälberloch einem Befreiungsschlag gleich.
„Das bedeutet mir sehr viel“, sagte Weidle, „vor allem, weil die ersten Rennen nicht so gelaufen sind.“ Ihre vierte „Stockerl“-Fahrt im Weltcup gebe „natürlich Selbstbewusstsein für Olympia“ in Peking (4. bis 20. Februar).
„Ich glaube schon, dass das Ergebnis eine Last von ihr nimmt“, meinte auch Alpinchef Maier. Das bestätigte sich tags darauf im Super-G, wo Weidle als 16. das zweitbeste Karriere-Ergebnis in ihrer Nebendisziplin holte. Schnellste am Sonntag war die Italienerin Federica Brignone, die mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0,04 Sekunden die Schweizerin Corinne Suter auf den 2. Platz verwies.
Nach dem dürftigen Saisonstart habe sie noch „mit sich und ihren Leistungen gehadert“, berichtete Maier. Doch während etwa die italienische Speed-Queen Sofia Goggia auf der anspruchsvollen Strecke im Salzburger Land in der Abfahrt wieder mal zu viel wollte und stürzte, fuhr Weidle taktisch clever. „Das war ein supercooles Rennen“, sagte sie – genau zum richtigen Zeitpunkt: In einem Monat steigt die Olympia-Abfahrt.
Weidle, meinte Maier, habe bewiesen, „dass sie doch zu den absoluten Top-Läuferinnen im Abfahrtsrennsport gehört“. Nur 0,10 Sekunden trennten die 25-Jährige von der Schweizer Siegerin Lara Gut-Behrami. „Das ist nicht viel und ärgert mich ein bisschen“, sagte die Wahl-Münchnerin, die für den SC Starnberg startet. Doch bei der Siegerehrung war das vergessen, Weidle spritzte ausgelassen mit Sekt, gönnte sich einen tiefen Schluck und kostete die Momente des Glücks auch im Hotel aus.
Dass es da trotzdem „erstaunlich ruhig war dafür, dass es mein bester Platz war“, lag an den kommenden Aufgaben: Dem Super-G am Sonntag, nachdem sie lächelnd feststellte: „Es geht auf jeden Fall in die richtige Richtung.“ Und an den nächsten Wettkämpfen in Cortina d’Ampezzo, Garmisch-Partenkirchen, Peking.
„Es sind ja noch ein paar Rennen in dieser Saison, auch ein paar große, wichtige“, sagte Weidle, „irgendwann ist das Hundertstel-Glück wieder auf meiner Seite.“ Dann könnte sie ihre sensationelle WM-Silbermedaille vom vergangenen Jahr auf der noch größeren Olympia-Bühne bestätigen.
Nach der Weltmeisterschaft waren ihre Erwartungen vor dem Olympia-Winter „sehr, sehr hoch“. Als die Ergebnisse sich dann nicht sofort einstellten, verkrampfte sie – der Kopf. Sie habe „zu knabbern“ gehabt, sagte Maier.
Zudem hatte Weidle Probleme mit der Rolle als deutsche Einzelkämpferin im Speed. Jedes schwächere Ergebnis wiege nun schwerer, sagte sie. Damit habe sie lernen müssen, umzugehen. Jetzt, meinte Weidle erleichtert, „kann ich es“.
Geholfen habe weiteres Mentaltraining in der Weihnachtspause. In Zauchensee hatte sie endlich wieder „richtig Spaß“ am Skifahren. „Das“, sagte Weidle und grinste, „ist bei mir der Schlüssel zum Erfolg.“ sid