Berlin – Spitzenschiedsrichter Felix Zwayer denkt über ein Karriereende nach – einen Weg aus seinem Dilemma zeigt ihm im deutschen Fußball derzeit auch niemand auf. Der 40 Jahre alte Berliner hat sich tief getroffen von Anfeindungen erstmals öffentlich geäußert. Ob er nochmal in einem großen Stadion pfeifen wird, erscheint danach fraglich.
„Ich habe vor mir einen Raum, der hat zwei Türen. Der eine Weg führt mich zurück auf den Fußballplatz, und der andere Weg führt mich in ein ganz tolles, erfülltes Privatleben ohne diese Öffentlichkeit, ohne diesen Druck, ohne diesen Stress“, sagte Zwayer in einem Interview bei Sky.
In dem Beitrag der Serie „Meine Geschichte“ erzählt Zwayer in leisen Worten von Beleidigungen in den sozialen Netzwerken und von einer Morddrohung, über die ihn die Polizei benachrichtigt hat. „Ich bin belastet. Mental und psychisch“, sagte der Immobilienkaufmann und Vater zweier kleiner Töchter, der derzeit Urlaub von der Schiedsrichter-Tätigkeit genommen hat. Die Situation sei „schwer auszuhalten, ganz schwer auszuhalten“. Zwayer spricht ausführlich über die Geschichte, die ihn seit vielen Jahren begleitet und zuletzt für eine Eskalation sorgte. Der Referee, der einst mit seinen Aussagen den Skandal um Hoyzer mit aufklärte, soll von dem später zu einer Haftstrafe verurteilten Protagonisten 300 Euro angenommen haben. Manipulation wurde ihm nicht nachgewiesen.
Das DFB-Sportgericht sperrte ihn für ein halbes Jahr, machte das Urteil aber merkwürdigerweise nicht öffentlich. Zwayer bestreitet bis heute, Geld von Hoyzer genommen zu haben, wehrte sich aber damals auch nicht gegen das Urteil, weil er wieder pfeifen durfte. Und weil es ihm bis heute „aussichtslos erscheint, diesen Vorwurf wirklich ausräumen zu können“.
Erneut eskaliert war das Ganze nach dem Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern (2:3) Anfang Dezember 2021. BVB-Mittelfeldspieler Jude Bellingham attackierte Zwayer verbal: „Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal ein Spiel verschoben hat, das größte Spiel. Was soll man da erwarten?“
Der 18 Jahre alte Profi, der Zwayer damit indirekt Bestechlichkeit vorwarf, wurde mit einer Geldstrafe von 40 000 Euro belegt. „Wir hätten schon längst sprechen sollen“, gestand BVB-Boss Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund nun angesichts der alarmierenden Berichte über den Zustand des Schiedsrichters ein. Watzke will über seinen Schatten springen und trotz des Ärgers über Zwayer die heftigen Folgen des Wirbels um den Referee aktiv aufarbeiten. dpa