München – Gäbe es die zehn Gebote des Rekordmeisters, so dürfte folgender Leitsatz nicht fehlen: Der FC Bayern ist kein Verkäuferclub. So meißelte es seinerzeit Karl-Heinz Rummenigge, sozusagen der Münchner Moses a.D., in Stein, als Robert Lewandowski Anfang 2018 mit Real Madrid turtelte. Er sollte recht behalten: Auch vier Jahre später schießt der polnische Superstar weiterhin Tore im rot-weißen Dress, reifte im Stadion neben dem Fröttmaninger Berg sogar zum Weltfußballer. Der bayerische Sinai scheint zuletzt allerdings etwas an seiner Anziehungskraft eingebüßt zu haben. Vergangenen Sommer verabschiedete sich Vereinslegende David Alaba ablösefrei nach Madrid, heuer packt auch Niklas Süle seine Koffer, ohne einen müden Cent in die Münchner Kassen zu spülen. Ist der FC Bayern etwa auch kein guter Verkäuferclub?
Der auf den ersten Blick negative Trend an der Säbener Straße birgt auch Vorteile. Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn zum Trend, dass Spieler ablösefrei weiterziehen: „Dieses Thema hat der FC Bayern ja nicht exklusiv. Das gibt es überall, ganz prominent auch mit Kylian Mbappé bei Paris, der den Verein ja auch sozusagen ablösefrei verlässt. Das bringt diese Pandemie mit sich. Auch wir müssen damit umgehen, dass uns der eine oder andere ablösefrei verlässt. Nur: Auf der anderen Seite gibt es da ja auch wieder Chancen, um an Spieler heranzukommen, die selbst ablösefrei sind. Und der FC Bayern ist ein hochattraktiver Verein. Für uns ergeben sich mehr Chancen als Risiken.“
Fakt ist: Der FC Bayern ist dank seiner gesunden Wirtschaftspolitik nicht auf das Geld anderer Clubs angewiesen. Geld ist aber stets besser als kein Geld. Und anders als auf der Einkaufsseite, wo der Rekordmeister in der Tat ein ums andere Mal unter Beweis gestellt hat, dass er großes Talent für wenig Geld akquirieren kann, lässt die Verkaufsseite zu wünschen übrig. Nicht nur die internationale Konkurrenz verkauft teurer (siehe Tabellen), auch die nationalen Rivalen nehmen durch Abgänge viel mehr Geld ein als die Münchner.
Um diese These zu untermauern, reicht ein Blick auf die Rekordverkäufe der Bundesliga. Während Borussia Dortmund allein schon durch Ousmane Dembélé und Jadon Sancho mehr als 200 Millionen Euro eingenommen hat, beläuft sich der teuerste Verkauf der FCB-Vereinsgeschichte auf lediglich 40 Millionen Euro für Douglas Costa (an Juventus Turin).
Insbesondere die Fälle Alaba und Süle scheinen die Chefetage der Säbener Straße nun zum Umdenken bewogen zu haben. Wie die „Sport Bild“ berichtet, wollen die Verantwortlichen ab sofort vor Beginn des letzten Vertragsjahres Klarheit schaffen, um weitere ablösefreie Abgänge in Zukunft zu unterbinden.
In diesem Zusammenhang dürfte allen voran das Tauziehen um die Zukunft von Robert Lewandowski interessant werden, dessen Arbeitspapier bekanntermaßen 2023 ausläuft. Hier lautet demnach die Devise: Entweder der Stürmer verlängert oder er wird im Sommer verkauft. Noch drängender sind die Fälle von Corentin Tolisso, Sven Ulreich und Talent Paul Wanner, deren Kontrakte jeweils zum Ende dieser Saison auslaufen. Grundsätzlich gilt bei den Bayern jedoch ein weiteres Gebot, das Ex-Boss Rummenigge einst im Zusammenhang mit dem Abgang von Alaba kundtat: „Reisende soll man nicht aufhalten.“