München – Vierzig Sekunden vor Schluss war wieder einmal die Zeit von Vladimir Lucic angebrochen. Der Serbe stieg an der Dreierlinie entschlossen hoch, der Berliner Luis Olinde klatschte ihm verzweifelt noch auf den Arm. Doch der Ball flutschte durch die Reuse. Wie selbstverständlich packte Lucic auch den fälligen Freiwurf drauf. Aus drei Punkten Vorsprung waren sieben gworden. Wenig später stand ein 62:56 (26:24) der Bayern in diesem Euroleague-Duell mit Alba Berlin. Sieg Nummer elf für die Münchner – der Aufschwung geht weiter,
Zumindest einen kleinen Seitenblick wird man im Münchner Lager sicher auch auf die anderen Ergebnisse der Woche riskiert haben. Auf die Niederlage von Efes Istanbul etwa. Der Titelverteidiger hatte bei Zenit St. Petersburg Federn gelassen. Die AS Monaco dagegen verlor gegen Real Madrid. Womit klar war: Man könnte mit einem Sieg über Alba Berlin zum ersten Mal in dieser Saison hineinspringen in die Playoff-Plätze.
Aber die Bayern merkten schnell: Alba Berlin war nicht der, von Corona-Quarantäne und vier Niederlagen in Folge geschwächte Gegner. Die Hauptstädter kämpften, rannten und packten zu. Das hatte Wirkung. Die Münchner taten sich merklich schwerer als zuletzt in Villeurbanne und Vitoria, ihre Werfer in Szene zu setzen.
Trainer Andrea Trinchieri ahnte schon zur Pause, wo zumindest ein Teil des Problems lag. „Es ist das fünfte Spiel in zehn Tagen, wir sind in manchen Situationen nicht konzentriert genug“, sagte er, „wir müssen die kleinen Dinge besser machen.“
Taten sie aber nicht, seine Bayern. Im Gegenteil: Wenn Vladimir Lucic vor dem Wechsel müde waren, dann versanken sie danach erst einmal in Tiefschlaf. Ungünstig, weil sich auf Berliner Seite ein Mann zu Wort meldete, der seit Monaten in bestechender Form spielt. Maodo Lo, der Ex-Münchner rauschte Mal im Eiltempo zum Korb, schubste den Ball mal sachte aus der Distanz durch die Reuse. Heraus sprang ein Berliner 14:1-Lauf zum zwischenzeitlichen 27:38. Elf Punkte Unterschied in einem derart punktearmen Spiel – das erinnerte stark an die letzten BBL-Finalspiele an gleicher Stelle, als Alba sich die deutsche Meisterschaft schnappte. Und es herrschte Unruhe. Bei den 1347 Zuschauern, darunter die versammelten Bayern-Granden mit Herbert Hainer, Uli Hoeneß & Co.
Aber es war der Moment, in dem sich die Bayern der Qualitäten entsannen, mit denen sie in den beiden letzten Wochen die Konkurrenz in BBL und Euroleague vermöbelt hatten. Sie warfen mehr Energie ins Rennen, ließen den Ball noch ein bisschen geduldiger laufen und plötzlich fanden sich ja die Wurfgelegenheiten.
Vladimir Lucic (19 Punkte) marschierte voran, auch Deshaun Thomas erinnerte sich, dass er körperlich allemal gegen die zupackende Berliner Defensive bestehen konnte. Und so robbten sich die Münchner wieder heran in einem zwar reichlich niveauarmen, dafür umso intensiveren und packenderen Basketballspiel.
Es war klar, dass sich die Mannschaft letztlich durchsetzen würde, die in der Crunch time, den letzten Minuten, weniger Fehler machen würde. Und das waren einmal mehr die Bayern. Trinchieri grinste entsprechend breit. „Es war ein hässliches Spiel, aber der Sieg schmeckt sehr süß.“