Garmisch-Partenkirchen – Nein, es gab keine Notlandung eines NASA-Flugs am Fuß der Zugspitze. Wobei „Garmi“ schon so aussieht wie ein Astronaut: Weißer Anzug und ein Helm mit einem riesigen Visier. Allerdings handelt es sich bei ihm um einen Roboter, entwickelt von der TU München, um in Zukunft Pflegekräften zu helfen. Nun soll er, falls das Wetter passt, die Siegerehrungen der Ski-Weltcup-Rennen an diesem Wochenende vornehmen. Dank seiner Angewohnheit nicht zu atmen, werden die Medaillenübergaben der Abfahrt am Samstag und des Super-G am Sonntag vor allem eines: höchst hygienisch.
Eine angenehme Überraschung für Kira Weidle, so kurz vor den Olympischen Spielen, die aktuell nicht so wirkt, als könnte ihr noch viel Unerwartetes begegnen. Es ist das achte Garmisch-Wochenende ihrer Weltcupkarriere, 2019 stand sie hier schon einmal als Dritte auf dem Podest. Entsprechend selbstbewusst gab sich die Starnbergerin nach dem ersten Training auf der Kandahar am Donnerstag, das sie als Zweite beendete: „Mittlerweile weiß ich, worauf es hier runter ankommt.“ Nach dem fünften Platz im wetterbedingt verkürzten Lauf am Freitag folgte dann die Ansage: „Das Ziel ist, ganz vorne zu landen.“
Ihr Selbstbewusstsein zog sie nicht nur aus den beiden Vorbereitungstagen, sondern auch den vorherigen Wochen: „Wie letzte Saison ist es am Anfang nicht ganz so gut gelaufen und in Richtung Höhepunkt bin immer besser geworden.“ 2021 folgte die Silbermedaille bei der WM in Cortina, diesen Winter ist vorerst der zweite Rang in Zauchensee vor zwei Wochen das bestes Ergebnis.
Die ansteigende Form mag auch daran liegen, dass sich die 25-Jährige inzwischen daran gewöhnt hat, als einzige deutsche Fahrerin am Start zu stehen. Ein Umstand, der wie die WM-Silbermedaille für mehr Aufmerksamkeit und höheren Druck sorgt, vor allem an diesem Wochenende: „Klar, es ist ein Heimweltcup und da will man sich natürlich besonders gut präsentieren. Aber ich bin bei den anderen Rennen auch schon allein gewesen, es ist für mich keine neue Situation.“
Für den Deutschen Skiverband ist die Lage trotzdem nicht erfreulich, oder wie es Damen-Cheftrainer Jürgen Graller beschrieb: „Das schaut nach außen hin schon blöd aus, das ist uns klar.“ Dennoch entschied sich das Trainerteam, nicht noch einer Fahrerin aus dem Europacup-Team die Chance zu geben: „Man kann All-in spielen, aber dann provoziert man Verletzungen, wenn der Athlet noch nicht so weit ist, das hat man in der Vergangenheit gelernt. Wir wollen das strategisch richtig angehen und dann bin ich sicher, dass wir in Zukunft wieder eine Mannschaft haben.“
Weidle muss sich also noch gedulden, bis sie mehr Gesellschaft bekommt. Dieses Wochenende verzichtet sie nicht nur auf Teamkolleginnen, sondern auch auf Konkurrenz. Allen voran fehlt die Dominatorin des Winters Sofia Goggia, die trotz einer schweren Knieverletzung noch um ihre Teilnahme in Peking kämpft. Doch auch zahlreiche andere Favoritinnen sind entweder verletzungsbedingt oder aus Gründen der Olympia-Vorbereitung nicht am Start. „Vollgas muss man trotzdem geben, wenn man auf das Podest fahren will“, vermutete Weidle. Gebremst werden müsste sie dann wohl nur bei der anschließenden Champagner-Spritzerei, um Kurzschlüsse zu vermeiden.