Nadal rettet ein Turnier

Geschichte, die alles überstrahlt

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

21, das ist die Zahl des Wochenendes. Eigentlich wird das ganze bisherige Jahr von der 21 beherrscht. Sie ist die Chiffre für die im Tennis zu erreichende Rekordzahl an Siegen bei einem der vier Grand-Slam-Turniere. Drei Spieler standen ex aequo mit 20 auf Platz eins, und nur von einem hatte man erwartet, dass er es noch in sich habe, Triumph Nummer 21 folgen zu lassen. Das war Novak Djokovic, der jüngste und unversehrteste von ihnen. Als sich in den Tagen vor den Australian Open das Drama um die Einreise des ungeimpften Weltranglisten-Ersten und Favoriten für Melbourne entfaltete und zur absehbaren Ausweisung des Egomanen führte, erschien die 21 nicht mehr greifbar.

Australien hatte sich darauf einstellen müssen, dass die Herren-Konkurrenz vor allem als das Turnier ohne den verstoßenen mutmaßlich Besten wahrgenommen werden würde und man hinter den Namen des Siegers den Vermerk setzen müsste, da habe auch die australische Regierung mit ihrer Entscheidung gegen den serbischen Topstar den einen oder anderen Satz gewonnen. Das wäre bei jedem der in Melbourne angetretenen Spieler der Fall gewesen – nur bei einem nicht. Ein Glück für die Australian Open also, dass Rafael Nadal gewonnen hat.

Wäre das auch so gekommen, wenn er irgendwann auf Novak Djokovic getroffen wäre? Man muss diese Frage, die eh nur spekulativ behandelt werden könnte, gar nicht erst annehmen – denn die Geschichte, die sich in zwei Wochen entwickelt hat, ist so groß, dass sie jede andere denkbare überstrahlt. Rafael Nadal ging im Grunde ohne Matchpraxis in das Turnier, sein schon lange geschundener Körper hatte wieder eine lange Pause beansprucht, und seine Stärke liegt eh auf Courts mit anderem Belag, am liebsten dem Sand von Paris. Dass Nadal unter diesen Umständen der historische 21. Grand-Slam-Turnier gelingen würde, konnte auf keiner Rechnung stehen. Doch selbst im Finale gegen Daniil Medwedew überwand er die Wahrscheinlichkeiten, die sich aus einem 0:2-Satzrückstand ergaben.

Ob Rafael Nadal mit seiner 21 nun der Allzeit-Größte im Tennis ist? Ach, da kann man streiten und weiter den eleganten Roger Federer favorisieren und hoffen, dass auch der zurückkehren wird. Vielleicht ändert Djokovic seine Einstellung zu aktuellen Gesundheitsfragen, um sich die 21 und noch mehr zu holen. Aktuell egal. Erst einmal gilt es, Nadal zu feiern. Für seine große Geschichte, mit der er nebenbei die Australien Open gerettet hat.

Guenter.Klein@ovb.net

Artikel 1 von 11