München – Andreas Heraf musste das alles erst mal sacken lassen. Die zweite Niederlage im zweiten Spiel. Und vermutlich auch das ganze Schlamassel drumherum, in das der 54-Jährige reingeraten ist. Nach der 0:1-Pleite gegen den Tabellenletzten Havelse am Samstag blieb der Trainer von Türkgücü zunächst noch für einige Momente einsam an der Seitenlinie sitzen.
Doch viel Zeit blieb ihm nicht. Da sich auch am Wochenende keiner der Verantwortlichen zur Situation des Vereins äußern wollte, stellte sich Heraf den unangenehmen Fragen: „Bei uns in Österreich sagt man, wenn Du in der Scheißgasse bist, bist Du drinnen. Und da sind wir im Moment. Da müssen wir wieder raus, obwohl es nicht einfach wird.“
In der ersten zwanzig Minuten zeigte Türkgücü noch eine ordentliche Leistung. Sercan Sararer und Albion Vrenezi erspielten sich zwei riesige Chancen. Nach dem Gegentreffer durch Yannick Jaeschke (53.) fehlte das große Aufbäumen, wieder mal ging kein Ruck durch die Mannschaft. „Es schmerzt brutal. Da fehlen mir auch die Worte“, sagte Alexander Sorge. Nach Ansicht des Kapitäns sei die Mannschaft nicht tot, man habe sich als eingeschworener Haufen in der Kabine präsentiert.
Als Heraf gefragt wurde, ob er den Eindruck gehabt hätte, dass jeder Spieler für seinen Kollegen alles gegeben habe, antwortete der Österreicher: „Nein, habe ich tatsächlich nicht.“ Die Stimmung sei schon im Training sehr genickt gewesen.
Dem Vernehmen nach ist eine Insolvenz bei Türkgücü nicht mehr abzuwenden. Mit einer offiziellen Entscheidung ist heute zu rechnen. Der Mannschaft wurde bis zum Wochenende immer noch nicht klar kommuniziert, ob und wie es weitergeht. Heraf fordert von den Verantwortlichen nun Klartext. „Das sind junge Menschen, die auch Familien haben“, sagt der Österreicher über sein Team. Deswegen sei es für ihn „absolut entschuldbar, dass der eine oder andere den Kopf woanders hat“. Möglich, dass am Montag weitere Spieler den Verein verlassen.
Heraf nimmt es mit Galgenhumor: „Tiefer geht´s fast nicht mehr.“ Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel wurde Heraf gefragt, ob er den Posten angenommen hätte, wenn er über die Situation bei Türkgücü genau Bescheid gewusst hätte: „Wahrscheinlich nicht.“ nms