Insolvenz bei Türkgücü

Absturz mit Ansage

von Redaktion

NICO-MARIUS SCHMITZ

Aus dem geplanten Münchner Fußballmärchen wurde ein Albtraum. Das böse Erwachen gab es am Montag, die Insolvenz ist nicht mehr abzuwenden. Wobei: Schlechter geschlafen hat man bei Türkgücü ohnehin schon länger. Zu offensichtlich waren die Missstände im Verein. Ein Verein, der immer professionell sein wollte, sich aber nur selten so verhielt.

Im Januar gab es noch mal leichte Hoffnungsschimmer. Doch die gute Laune aus dem Trainingslager in Belek hielt nicht lange an. Bezeichnend wie Andreas Heraf nach der Niederlage gegen Havelse in seinem Stuhl versank. Zu seinem Antritt hatte er von Neuzugängen geträumt. Mittlerweile weiß der Österreicher nicht mal, ob in Zukunft überhaupt noch gespielt wird.

Das Problem bei Türkgücü waren aber ohnehin nie die Trainer. 2021 standen Alexander Schmidt, Andreas Pummer, Serdar Dayat, Petr Ruman, Peter Hyballa und Alper Kayabunar an der Seitenlinie. Wenn man beim Bowling sechsmal hintereinander nur in die Auffangrinne wirft, liegt es nicht an der Kugel. Vielleicht kann man einfach nicht bowlen.

Eine realistische Einschätzung der eigenen Möglichkeiten, daran haperte es bei Türkgücü in sämtlichen Bereichen. Man träumte von tausenden Zuschauern im Olympiastadion, im Endeffekt dominierte aber das traurige Bild von tausenden leer gebliebenen Sitzschalen. Und da war ja noch was, mittelfristig wollte man die Nummer zwei der Stadt werden. Bleibt abzuwarten, ob Türkgücü zukünftig überhaupt noch eine Nummer im Münchner Fußball sein wird.

Dass der Verein sich von Präsident Hasan Kivran komplett abhängig machte, konnte nur schiefgehen. Der Mäzen dirigierte sogar Mannschaftsaufstellungen, woher die sportliche Expertise des 55-Jährige kommen soll, kann keiner genau beantworten. Das Bild vom weggeworfenen Spielzeug, das plötzlich nicht mehr spannend ist – es passt auch bei Kivran und Türkgücü. Schon der angetäuschte Rückzug 2020 ließ den Schluss zu, dass Kivran das Wohl der Mitarbeiter und Spieler, die finanziell vom Verein abhängig sind, herzlich egal ist.

Bei den Münchnern wurde kein Umfeld geschaffen, in dem nachhaltiger Erfolg möglich ist. In einer Wüste braucht man auch kein Rosenbeet zu erwarten. Bei vielen war die Frage ohnehin nie, ob das Projekt Türkgücü einmal scheitert. Sondern wann.

nico.schmitz@ovb.net

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