München – Der EHC München ist angesäuert. Aber er weiß: Wehklagen hilft nicht weiter. Deshalb schluckt er den Ärger darüber hinunter, dass er ohne seine fünf Olympia-Fahrer im Halbfinale der Champions Hockey League (CHL) am Dienstag (18 Uhr/Sport1) bei Tappara Tampere antreten muss. Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) priorisiert seine Vorbereitung auf das Olympia-Turnier in Peking und behält daher die Münchner Danny Aus den Birken, Konrad Abeltshauser, Patrick Hager. Yasin Ehliz und Frederic Tiffels im Trainingscamp in Mannheim, von wo aus am Mittwoch die Reise nach China angetreten wird. Und noch ein sechster EHC-Spieler ist absent: Ben Street ist bei Team Canada eingerückt, das sich in der Schweiz getroffen hat.
„Wir sind ja froh, dass wir überhaupt spielen dürfen“, sagt Münchens Sportchef Christian Winkler. Die ursprünglichen Termine des CHL-Halbfinales (mit Hin- und Rückspiel) hatte der EHC nicht wahrnehmen können, da er nach einem Omikron-Ausbruch unter Quarantäne gestellt war. Beim nächsten Versuch eines verkürzten Formats (single game) musste Tappara passen – nun waren die Finnen von Corona betroffen. Nun kommt es doch noch zu einer Entscheidung auf sportlichem Weg. Ein Spiel, bei Unentschieden bis zu zehn Minuten Verlängerung, danach Penaltyschießen – der Sieger zieht ins Finale am 1. März bei Rögle BK Ängelholm ein – und verdient 160 000 Euro Preisgeld, aus denen im Falle eines Endspielerfolgs 330 000 werden können. Die Münchner nennen ihr Projekt angesichts der sie nicht begünstigenden Umstände „Das Unmögliche möglich machen“. Wie stehen die Chancen?
Das Personal: Wenn sechs Spieler fehlen, ist das eine Einbuße, klar. Dennoch wird der EHC eine wettbewerbsfähige Mannschaft stellen können. Im Tor bleibt Trainer Don Jackson eine Gewissensentscheidung erspart, weil der formschwache, aber verdiente Aus den Birken fürs Olympia-Team nominiert wurde – wird eben der Norweger Henrik Haukeland, der in seinen drei bisherigen Spielen überzeugte, halten.
Lücken reißt Olympia im Münchner Sturm. Die offensivstärkste Reihe mit Frederic Tiffels (nominiert als MVP der Champions League) und dem kanadischen Nationalspieler Ben Street hat sich aufgelöst; Trevor Parkes verliert also seine Nebenleute. Patrick Hager und Yasin Ehliz, die ebenfalls aufeinander eingespielt sind, fehlen nicht nur im Fünf-gegen-fünf, sondern auch als Optionen im Über- und Unterzahlspiel.
Ein Problem zudem: Die abwesenden Street und Hager sind Mittelstürmer, zusammen haben sie in dieser DEL-Saison 1159 Anspiele bestritten – die Bully-Bilanz ist bei beiden klar positiv, sie bringen ihr Team mehrheitlich in Scheibenbesitz, was die Grundlage ist, um ein Spiel zu beherrschen. Als gelernter Center bleibt nur Ben Smith übrig. Einspringen werden die Außenstürmer Justin Schütz und Maxi Kastner.
Stabil dürfte der EHC in der Abwehr sein: Daryl Boyle, Yannic Seidenberg, Zach Redmond und Jonathon Blum sind routinierte und spielstarke Verteidiger mit Offensiv-Qualitäten. Vorne hat der EHC immer noch die Knipser Trevor Parkes und Austin Ortega, die Ex-Nationalspieler Franz Mauer und Philip Gogulla, den NHL-gedrafteten Schütz, WM-2021-Teilnehmer Kastner, Stanley-Cup-Gewinner (2016) Smith. Von den Nachwuchsspielern hat sich Filip Varejcka etabliert, Drei anständige Reihen dürfte Don Jackson folglich zusammenbekommen.
Die Mentalität: „Do or die“, liefere oder sterbe – so kategorisiert man diese Spiele. Das könnte dem nordamerikanisch geprägten EHC taugen. Für die Leistungsträger wird es Eiszeit zwischen 20 und 25 Minuten geben (Normalmaß 16 bis 19), das ist körperlich verkraftbar – nach Tampere ist eh erst mal Pause. Der EHC hat zudem die Vorgeschichte, dass er sich von finnischen Teams selten hat aufhalten lassen in der CHL. .
Der Gegner: Tappara muss niemanden fürs finnische Olympia-Team abstellen, Starspieler Kristian Kuusela, 2019 Mitglied von Suomis Sensations-Weltmeister-Team ohne NHL-Spieler, ist schon 38. Und Tampere war ebenfalls von Corona betroffen: 2022 konnte es erst viermal spielen, zuletzt am 18. Januar. Der Heimvorteil gegen den EHC besteht nur auf dem Papier. Die neue Arena muss laut Tappara leer bleiben.