München – Julian Nagelsmann, 34, ist stets offen für neue Ideen. Inspiration holt sich der Bayern-Trainer auch bei anderen Sportarten. Im Herbst vergangenen Jahres tauschte er sich mit Football-Coach Andy Reid, 63, vom NFL-Topteam Kansas City Chiefs aus. Nun kam es – anlässlich eines Interviews im Mitglieder-Magazin „51“ – zum Gipfeltreffen mit Bayerns Basketball-Trainer Andrea Trinchieri, 53.
Die beiden Fachmänner sind sich einig: Durch Auszeiten für Trainer könnten Fußballspiele künftig weiter aufgewertet werden. „Es wäre super, ich setze mich seit fast zehn Jahren dafür ein“, sagte Nagelsmann. „Ich bin sicher, dass sich die Qualität der Spiele noch einmal steigern würde, weil die Trainer durch den größeren Einfluss in solchen Time-outs mehr bewirken könnten.“
Der Landsberger schob jedoch hinterher, dass es nicht so einfach sei, im Fußball Einfluss zu nehmen. Im Basketball beispielsweise hat jeder Coach fünf Time-outs pro Spiel zur Verfügung. „Zusätzlich habe ich noch die Pausen zwischen den einzelnen Vierteln und in der Halbzeit. Deswegen glaube ich, dass ich das Spiel taktisch etwas mehr beeinflussen kann“, so Trinchieri, der zudem verrät, dass er sich von Nagelsmann inspirieren lasse.
„Julian ist supermodern, weil er fachlich und menschlich alles mitbringt. Er ist immer einen Schritt voraus“, schwärmt der Italiener. „Ich höre zu, was Julian sagt, ich beobachte, wie er sich verhält.“ Als Trainer müsse man sportartunabhängig die Richtung vorgeben, auch Mitgefühl haben und auf die Spieler-Bedürfnisse eingehen.
Einmal warf Trinchieri nach einer Niederlage einen Stuhl durch die Halle. Auch Nagelsmann berichtete von einem Wutanfall – allerdings zu Hoffenheimer Zeiten. Am 11. September 2016 lag 1899 bei Mainz zur Pause mit 1:4 zurück. „Bei der Halbzeitansprache wurde ich plötzlich immer lauter – und schließlich trat ich gegen eine Metallbox, von der ich nicht dachte, dass sie leer ist“, erinnert sich Nagelsmann. „Das war sie aber, und so flog sie einmal quer durch die Kabine und hat einen meiner Stürmer am Knie erwischt. Der sagte dann, er könne nicht mehr weiterspielen, aber das war nur ein Witz. Am Ende holten wir noch ein 4:4.“
Niederlagen seien für den Fußball-Trainer besonders schwer zu verarbeiten. Einen Sieg genieße er „oft keine zwei Stunden“, Pleiten indes belasten ihn „zwei oder drei Tage“. Der Landsberger: „Wenn wir ein Spiel verlieren, ist bei mir schämen das richtige Wort: Ja, ich schäme mich dann: War die Vorbereitung gut genug, war der Plan gut genug? Es ist ein wirklich unangenehmes Gefühl.“
Laut Nagelsmann sei das Schwierigste am Trainer-Job, „dass du auch nach einer Niederlage immer optimistisch bleiben musst“. Trinchieri pflichtet ihm bei, die Spieler „sollten immer das Gefühl haben, dass du einen Plan hast. Das ist die beste Medizin nach Niederlagen.“
Egal, ob Sieg oder Niederlage – beide Bayern-Trainer liegen nach Spielen lange wach. „Und manchmal, wenn ich nach einem Spiel schlafe, rufe ich die Namen meiner Spieler. Das hat mir meine Frau mal erzählt. Manchmal wacht sie davon in der Nacht auf“, verrät Nagelsmann. Trinchieri erzählt: „Ich habe ein Notizbuch neben meinem Bett – und manchmal finde ich nach dem Spiel Notizen, von denen ich nicht weiß, wann ich sie in der Nacht aufgeschrieben habe.“
Übrigens: Während Nagelsmann Basketball-Legende Dirk Nowitzki klasse (43) findet, ist Trinchieri begeistert von Stürmer-Star Robert Lewandowski (33): „Ich empfinde es bei Lewandowski so, als würdest du eine Münze in eine Jukebox stecken – und du bekommst dafür keinen Song, aber immer ein Tor.“