Zhangjiakou – Denise Herrmann musste die Augen zukneifen, weil ihr der eisige Wind unerbittlich ins Gesicht pfiff. Die Biathletin war kaum zu erkennen, nachdem sie sich Stirn und Wangen abgeklebt und mit Buff, Mütze und mehreren Lagen Kleidung vor der schwer erträglichen Kälte geschützt hatte. Beim Abschlusstraining vor dem Olympia-Auftakt war am Freitag bei minus zwölf Grad zu erahnen, was die Skijäger bei den Winterspielen in der Höhe von Zhangjiakou erwartet: Biathlon extrem.
„Ich hoffe mal, dass es trotzdem fair bleibt“, sagte Herrmann vor dem Abschlusstraining der Mixedstaffel. Gemeinsam mit Vanessa Voigt, Benedikt Doll und Philipp Nawrath greift die Sächsin an diesem Samstag (10.00 Uhr MEZ/ARD und Eurosport) auf rund 1700 Metern in China nach dem ersten Edelmetall – doch davon will sie nichts wissen. „Jetzt über Medaillen nachzudenken, das wäre ein bisschen falsch“, sagte die Ex-Weltmeisterin, forderte aber: „Es darf nichts schiefgehen.“
Zum ersten Mal ist der gemischte Teamwettbewerb bei Olympia auch das erste Rennen. „Wenn andere Nationen ein perfektes Rennen machen, haben wir es schwer“, sagte Doll. Norwegen, Schweden und Frankreich gelten als Favoriten, Deutschland tritt hingegen mit zwei Debütanten an und will „mitmischen“, wie Doll sagte. Die Thüringer Startläuferin Voigt (24) und der bayerische Schlussläufer Nawrath (28) gehen erstmals überhaupt bei Olympia in die Loipe. Für beide erfülle sich damit „ein Kindheitstraum“, sagten sie am Rande des Trainings.
Rückblick: Kein Land hat mehr olympische Biathlon-Medaillen gewonnen als Deutschland. Auch 2018 in Pyeongchang waren die DSV-Skijäger die erfolgreichste Nation. Sieben Medaillen (dreimal Gold, einmal Silber, dreimal Bronze) holte das von der überragenden Doppel-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier angeführte Team.
Vier bis fünf Medaillen hatte sich das Team vor dem Olympia-Winter vorgenommen. Ein ohnehin schon ambitioniertes Ziel, das schwer zu erreichen sein dürfte. „Wir haben nicht mehr das außergewöhnliche Talent, das alles gewinnt“, sagte Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer. Die goldenen Zeiten von Magdalena Neuner oder Dahlmeier seien vorbei. „Diese Zeit wird es leider nicht mehr geben, auch wenn das schön für Deutschland war“, sagte Mehringer. Mittlerweile seien immer „20 bis 25 Athletinnen in der Lage, mit einer guten Leistung aufs Podium zu laufen“, sagte er. Für die Männer gelte das schon länger. In Peking sind die Gold-Kandidaten deswegen andere. dpa