Peking – Der Xiaohaituo lag vor Millionen Jahren in einem Ozean – daher sein Name: kleiner Berg inmitten des Meeres. Das Wasser ist am Austragungsort der Olympia-Abfahrt längst verschwunden – es blieb der Wind. Der bläst oft so heftig, dass im Rennen der alpinen Königsdisziplin in Yanqing chinesisches Roulette droht.
Aber was heißt droht? „Da ist man sich jetzt schon sicher“, sagte Andreas Sander, vor einem Jahr mit WM-Silber in der Abfahrt dekoriert. Doch ob Sander für die erwartete Lotterie am Sonntag überhaupt ein Teilnahme-Los erhält, ist ungewiss. Der Vize-Weltmeister wurde in der ersten Runde von den Trainern nicht nominiert und muss im Abschlusstraining im Duell mit Simon Jocher um den letzten der vier deutschen Startplätze kämpfen. Er sei zwar „deutlich besser in Form und konkurrenzfähiger“ als bei seiner schwachen Generalprobe in Kitzbühel, behauptete Sander.
Doch die Trainer um Chef Dominik Schwaiger hegen Zweifel, zu dürftig waren seine Vorleistungen: „Es wird die Zeit entscheiden, wer der vierte Athlet in unserem Team ist“, sagte Schwaiger. Da hilft auch der goldene Olympia-Helm nicht. „Das würdet ihr gerne hören“, sagte Sander lachend auf die Frage, ob mit der Lackierung auch ein gewisser Anspruch verbunden sei, „aber nee, nee“, dafür sei der Ausrüster verantwortlich: „Ich finde ihn cool, aber jeder verbindet gleich Edelmetall damit.“
Wer es auf dem Kunstschneeband holen will, muss sich nicht nur gegen interne Konkurrenz behaupten. Auf dem Xiaohaituo, sagte Doppelweltmeister Vincent Kriechmayr auf gut Österreichisch, „brauchst a Fett’n“ – jede Menge Wind-Glück.
Bei der zweiten, vom Wind stark beeinflussten Testfahrt auf der neuen Olympia-Piste in Yanqing war Baumann am Freitag als Achter bester Deutscher, ihn trennten 0,55 Sekunden von der Bestzeit von Topfavorit Aleksander Aamodt Kilde (Norwegen). Ferstl belegte Platz 16, Schwaiger wurde zwei Ränge und 0,12 Sekunden vor Sander 32. Jocher war als 36. der Schwächste im DSV-Quintett.
„Ich hatte einen großen Fehler, der darf so nicht passieren“, sagte Sander über seine Vorstellung. Grundsätzlich fühle er sich aber wieder „viel wohler“. Jocher, den eine schmerzhafte Fersenprellung plagt, meinte: „Von uns hat es jeder verdient, es sollen die Besten fahren.“ dpa