Quarantäne-Chaos, Wetter-Ärger, China-Propaganda, Alibi-Fans und wenige TV-Zuschauer – der Olympia-Start verlief zäh wie selten. Die Athleten und Athletinnen können nichts dafür. Sie liefern fast wie auf Knopfdruck Rekorde (Eisschnelllauf-Star Nils van der Poel), tolle Leistungen (Rodler Johannes Ludwig) und kleine Dramen wie die vom Wind verwehte Skispringerin Katharina Althaus oder Biathlon-Scharfschützin Vanessa Voigt, die plötzlich die Scheiben nicht mehr trifft.
Und dennoch will das Feuer, das Chinas Präsident Ji Xinping am Freitag auf so zynische Weise von der uigurischen Langläuferin Dinigeer Yilamujiang entfachen ließ, (noch) nicht so richtig überspringen. Das liegt auch an den vielen negativen Stimmen der Athleten und Betreuer. Die Zimmer, das Essen, die Corona-Regeln, das liegt immer auch im subjektiven Auge des Betrachters. Und sicher waren die Bedingungen auch bei früheren Spielen nicht immer luxuriös. Aber in einem sind sich alle, besonders mit Blick auf die Bergregionen Yanqing und Zhangjiakou, bisher einig: so pompös und perfekt die für teures Geld gezauberten Austragungsstätten auch sein mögen: Profi-Wintersport an diesem kargen Flecken Erde, der nur unweit der Wüste Gobis liegt, macht eigentlich keinen Sinn.
Das Problem für alle Draußen-Sportarten ist der Wind. Laut Herren-Ski-Chef Christian Schwaiger müsse „man schon hinterfragen, warum man hier ein Großereignis fährt“. Das deutsche TV-Publikum hat das scheinbar schon erkannt. Der Biathlon-Mixed-Wettbewerb lieferte am Samstagvormittag die bisherige Top-Quote – mit vier Millionen Zuschauern. Die deutschen Handball-Männer schafften bei der EM im Schnitt fünf Millionen.
Selbst in den USA sinkt das Interesse. Die Eröffnungsfeier sahen nur 16 Millionen Menschen – 43 Prozent weniger als vor vier Jahren und historischer Negativrekord. Die zusammengesammelten Rassel-Fans in den Stadien oder die oft schwierige Situation in den Isolationshotels verbessern die Lage nicht wirklich. Helfen müssen nun diejenigen, die eigentlich im Mittelpunkt stehen sollten: die Sportler und Sportlerinnen. Mit ihrer Leidenschaft und ihren Emotionen können sie die Spiele ungeachtet der Anlaufschwierigkeiten noch retten und das Feuer entfachen.
redaktion@ovb.net