TV-KRITIK
Morgens um sechs im stockfinsteren Deutschland. Die mitleidlos gut gelaunte Helene Fischer reißt das Land mit ihrem ARD-Olympia-Schlager aus dem Schlaf. „Jetzt oder nie!“, ordnet sie an. An dieser Stelle versteht man, warum der Silbereisen Flori keine Lust mehr auf die Helene hatte, er wollte endlich wieder ausschlafen. Wobei: „Das Land aus dem Schlaf reißen“ ist übertrieben. In der ersten ARD-Nacht haben nur 140 000 Menschen zugeschaut, das war eher Ingolstadt als Deutschland. Aber wir vom Fernseh-Eckerl waren für Sie dabei am Schina-Ski-Start-Wochenende. Wie ist Olympia im Ersten? Recht nett. Sehr schön sind der Zeichentrick-Neureuther und der Cartoon-Hannawald im Vorspann. Da sieht man, wie mordsstolz die ARD auf ihre Edel-Experten ist. 14 Jahre nach „Waldi und Harry“ wird bereits darüber nachgedacht, die Olympiasendungen in Hannawaldi ohne Harry umzutaufen. Neu-Moderatorin Julia Scharf macht ihre Sache gut. Sie will nicht so krampflustig sein wie Jessy Wellmer, freut sich beim Slopestyle aber trotzdem ansteckend, „was die Mädels da in der Luft rumschrauben“. Über ihr Klamottenkonzept „Blonde Frau im weißen Outfit vor Schnee“ muss sie aber noch nachdenken. Teilweise hat man sie gar nicht gesehen vor lauter Weiß. Dann war quasi nur noch der spektakulär scheußliche Kitsch-Tisch im Bild, den die ARD ins Mainzer Studio schleift, eine Art buddhistischer Tempel zum Moderieren. Da drin sitzt ein kleiner Chinese, der aufpasst, dass die Deutschen im Fernsehen nix Verbotenes sagen.
Ist Jessy Wellmer auch ohne Schweini ulkig? Auf jeden Fall! Sie begrüßte Sven Hannawald mit der jetzt schon legendären Frage: „Sie sind doch der Sven Hannawald, wenn mich nicht alles täuscht, hihihi, wunderbar?!“ Und tatsächlich handelte es sich um Hannawald, um den neuen Schanzen-Schweini. Er erfährt von der Jessy, dass die ARD an diesem Sendetag „Skispringen auch schon zärtlich angedeutet hat“. Als der slowenische Rennleiter unsere Katha Althaus dann ein bisserl behumpst hat, war es mit der Zärtlichkeit beim Hanni vorbei, ihn befiel Sodbrennen: „Da krieg ich gleich saures Aufstoßen.“ Was macht Sigi Heinrich? Die Eurosport-Legende (nicht verwandt oder verschwägert) ist schon wieder in Prachtform, schalten Sie gern mal um zu ihm! Beim Kälteschutz der gemischten Biathlonfrauen fiel ihm auf: „Alle sehen aus wie Marsdamen. Und das in der Nähe der Wüste Gobi.“ Windig war’s auch, was der Siegfried so beschrieb: „Die Windfahnen wacheln hin und her, als hätte sie der Teufel persönlich gesegnet.“ Sein sächsischer Biathlon-Erklärer Michi Rösch macht auch Freude, wenn er über danebenschießende Biathleten pittoresk schümpft: „Das ist ünderürdisch!“
Was meint Toni Innauer? Vom Vorarlberger Schanzen-Professor konnte man gestern im ZDF wieder viel lernen. Er schwärmte von den Bedingungen am schinesischen Schanzen-Ufo: „Ein Festessen für jeden aerodynamischen Liebhaber.“ Da hat man sich gleich einen Romantik-Wintersport-Roman vorgestellt, eine Art Dr. Skiwago: „Schatz, willst Du mein aerodynamischer Liebhaber sein?“ Bei Simon Ammann schlug der Toni im Flug Alarm: „Er verliert die Verbindung zwischen Körper und Ski.“ Als wir erschrocken hingeschaut haben, waren die Skier Gott sei Dank noch am Schweizer dran. Aber dafür ist ja auch der Innauer Experte, und nicht der Heinrich. JÖRG HEINRICH