„Ich habe auch ein Tränchen verdrückt“

von Redaktion

Magdalena Neuner über Denise Herrmanns völlig überraschendes und emotionales Gold-Rennen

Magdalena Neuner, wie sehr hat Sie das Gold von Denise Herrmann überrascht?

Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Ich muss ehrlich sagen: Ich hab heute Vormittag Wäsche gemacht. Und da fiel mir plötzlich ein: Huch, heute ist ja Biathlon! Dann hab ich auf dem Handy eingeschaltet. Da war das Rennen schon im vollen Gange. Da hieß es: Denise Herrmann auf Medaillenkurs. Das konnte ich zunächst kaum glauben. Wie die meisten hatte ich mir vom Einzel-Rennen nicht viel erwartet. Aber dann ist so viel passiert, es war richtig aufregend und emotional.

Da war – aus deutscher Sicht – wieder der biathlontypische Nervenkitzel dabei …

Ja, ohne Zweifel. Ich hab’ auch mit Vanessa Voigt gezittert. Schade, dass sie knapp an einer Medaille vorbeigeschlittert ist.

Wie ist das möglich, dass Denise Herrmann in dieser Saison oft miserabel geschossen hat und plötzlich liefert sie ein fast perfektes Rennen ab?

Grundsätzlich hat Denise natürlich das Potenzial, ganz vorne zu landen. Aber so ist eben Biathlon. Selbst wenn man zuvor keine guten Wettkämpfe hatte, kommt auf einmal der Tag, an dem alles klappt von vorne bis hinten. Dann soll es so sein. Für Denise freut es mich jedenfalls wahnsinnig.

Sie haben vor zehn Jahren ihre Karriere beendet, haben also inzwischen eine gewisse Distanz zum Biathlon. Wie nahe geht einem da noch so ein Erfolg?

Man hat ja die Bilder gesehen, wie Denise nach den ersten Interviews geweint hat. Da sind bei ihr alle Dämme gebrochen – und da habe ich auch ein Tränchen verdrückt. Es gibt wahrscheinlich wenige Menschen, die es so gut nachvollziehen können, wie das ist, wenn man Olympiasiegerin wird. Da kamen dann auch in mir die Erinnerungen und Gefühle hoch. Sich sagen zu können, man ist Olympiasiegerin, das ist schon etwas Großartiges.

Kann solch eine Goldmedaille die Initialzündung für weitere Erfolge bei Olympia sein?

Speziell für die Staffel ist alles drin. Solch ein Erfolgserlebnis gibt sicher Aufschwung. Ich denke da auch an Vanessa Voigt: Sie hat erzählt, dass sie nach dem Mixed-Staffel-Rennen als Olympia-Debütantin mit vielen negativen Nachrichten konfrontiert gewesen war und dass es ihr schwer fiel, damit umzugehen. Ich fand das großartig, wie sie diese Negativstimmung jetzt in positive Energie umwandeln konnte. Wenn das weiter so gut funktioniert, dann bin ich mir sicher, dass unsere Damen noch richtig gute Wettkämpfe machen.

Interview: Armin Gibis

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