Homöopathische Quoten und das Versuchs-Hambüchenkaninchen

von Redaktion

TV-KRITIK

Die Sendung mit dem Fabi Sarajevooooooooo! Immer, wenn die Xi-Jinping-Bach-Spiele zu unangenehm werden, heulen wir mit unserem Lieblings-Olympia-Wolf Vucko um die Wette. Damals, als 1984 der Franzl Klammer noch mitgefahren ist, war zwar auch nicht alles gut mit Olympia, aber es hat sich wenigstens so angefühlt. Alternative China-Therapie: Wir schauen eine Stunde „Hambüchen & Friends“ live bei Eurosport und stellen zwischen Shakespeare und Geisenberger fest: Mehr Olympia braucht eigentlich kein Mensch. Sie haben die Fragen, wir haben die Antworten.

War Fabian Hambüchen nicht Sommer-Sportler? Das stimmt. Aber der pfiffige Reckskerl hat mittlerweile so viele Wintersportarten vom Biathlon bis zum Bobfahren selber ausprobiert, dass er auch im Peking-Umfeld bekannt wie ein bunter Hund ist. Deshalb ist er Gastgeber und Maskottchen seiner Highlight-Show, in der er als Versuchshambüchenkaninchen alles mit sich machen lässt. Wenn zum Beispiel beim Skispringen Anzüge gedopt sind, steckt ihn Experte Martin Schmitt als „lebendes Flugobjekt“ in so einen Anzug, zupft an ihm rum und zeigt, wo behumpst werden kann. Das ist so amüsant und informativ, wie es die Öffis höchstens hinkriegen, wenn Felix Neureuther da ist.

Und was passiert sonst so? Bei der Eurosport-„Talksnow“ sind so viele Top-Experten zu Gast, dass sogar Moderator Thomas Wagner staunt: „Bei uns geht es zu wie beim Friseur, der eine geht, der andere kommt.“ Rodlerin Dajana Eitberger erklärt das Geheimnis von Gold-Geisi, und Tino Edelmann analysiert, warum dem entkräfteten Johannes Rydzek bei der NoKo „die Blaumeise reingeschossen“ ist. Am lustigsten ist der sächsische Biathlon-Belgier Michael Rösch. Er ärgert sich über die verpasste Medaille von Benedikt Doll: „Hätte, hätte, Herrentoilette.“ Und er steckt die Fabi-Hand in ein Eiswürfel-Bad, um zu zeigen, wie sich Schießen bei minus 20 Grad anfühlt. Der handliche Hambüchen (1,63 Meter) macht viel mit beim Sport-Erklären, quasi bei der „Sendung mit dem Fabi“. Da juxt Moderator Wagner: „Ich mag’s, wenn er so richtig geknechtet wird.“

Schaut jemand zu? Eher wenige. Mit 80 000 Zuschauern pro Live-Folge sind die Quoten bisher homöopathisch. Das Publikum hat sich über die Jahrzehnte so an das Deutsche-Medaillen-Zählen bei ARD und ZDF gewöhnt, dass das Umschalten schwerfällt. Dabei kann man sich, frei nach Mörtel Lugner, noch im hohen Alter Hals über Kopf verlieben – auch in eine Sendung, die es ehrlich mit den Sportfans meint. Bei den Mörtels dieser Welt ist das ja nicht immer der Fall. Und für die Bildung kann es auch nicht schaden, wenn Thomas Wagner zwischendurch Shakespeare zitiert, den legendären englischen Dicht-Olympier: „Wie schleunig die Natur in Aufruhr fällt, wird Gold ihr Gegenstand.“

Sollte ich zuschauen? Unbedingt! Im Endeffekt spart die eine Stunde Zusammenfassung (jeweils um 17 Uhr mit Wiederholungen um 21.45 Uhr und 0 Uhr) 15 Stunden im Ersten und Zweiten. Ein Olympia ohne Jessy Wellmer ist möglich. Bei ARD und ZDF gibt es so eine Highlight-Show am Abend ja leider nicht. Und warum nicht? Weil die Öffis zwar 237 Millionen Euro für die TV-Rechte an Olympia 2018 bis 2024 an den Eurosport-Mutterkonzern Discovery zahlen – aber weil der 83. Toskana-Krimi und das 109. „Wer ist weniger schlau als Kerner?“-Quiz bessere Quoten bringen. Da hat der Sport dann Pech gehabt. Schade drum. JÖRG HEINRICH

Artikel 1 von 11