München – Es war sein Abend: Philipp Dietl, 17-jähriger Torhüter, durfte sich von der Straubinger Fankurve abfeiern lassen: Erster voller Einsatz in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), alle 28 Schüsse gehalten – und das beim EHC München. „Ich bin so reingegangen, dass ich nichts zu verlieren habe“, befreite Dietl sich von Erwartungen, die ihn hätten blockieren können. Trainer Tom Pokel erzählte: „Philipp ist ein hervorragender Junge, er trainiert täglich mit uns. Einmal, gegen Ingolstadt, als wir voll mit Covid waren, habe ich ihn reingeworfen, er hat zwei Treffer in zwei Minuten bekommen, aber gesagt: ,Das nächste Mal bin ich ready.’“ In München war dann dieses nächste Mal. Pokel: „Aus unerwarteten Situationen werden Helden geboren.“
Leidtragender des niederbayerischen Helden-Epos war der EHC München. Das 37. DEL-Saisonspiel endete mit einer 0:2-Heimniederlage, die den EHC in einen Minusbereich drängt, den er nicht kennt: Er hat mehr Spiele verloren (19) als gewonnen (18). Bei neun Niederlagen haben die Münchner wenigstens gepunktet, sodass der Quotient von 1,622 Zählern pro Partie sie im Rennen hält. Nur: Es ist lediglich Platz sechs für den EHC, das finanzielle Schwergewicht der Liga. Eine Wegscheide: Der Siebte muss in die Pre-Playoffs. Straubing ist Siebter und nur eine Winzigkeit vom EHC entfernt.
Muss sich der EHC also Szenarien stellen, mit denen er seit dem Einstieg von Red Bull im Jahr 2013 noch nie befasst war? „Es ist eine schwierige Zeit, im Moment haben wir nicht so viel Spaß“, räumt Trainer Don Jackson ein, „aber es ist für uns keine Option, die Playoffs zu verpassen, ja nicht einmal darüber zu sprechen. Die einzige Option ist, dass wir uns auf das nächste Spiel vorbereiten.“
Jackson, erfolgreichster Trainer der DEL-Geschichte mit fünf Titeln mit Berlin und drei mit München, hat eine lange Mängelliste abzuarbeiten.
„Wir haben keine Offensive.“ Hier besteht Aussicht auf Besserung, denn drei der fünf deutschen Olympia-Rückkehrer des EHC sind Stürmer (Patrick Hager, Yasin Ehliz, Frederik Tiffels).
„Wir haben viele Chancen nicht reingebracht.“ Hier unterscheidet Jackson zwischen den klassisch verballerten Torschüssen „und den Chancen, die wir nicht haben, weil wir nicht bereit sind, den Preis dafür zu bezahlen“. Ein Bequemlichkeitsproblem.
„Wir spielen nicht so schlau.“ Der 0:2-Rückstand gegen Straubing ergab sich laut Jackson „durch zwei schreckliche Fehler“.
Zufrieden ist er nur mit der Leistung von Torhüter Henrik Haukeland. Aus dessen Stabilität solle man „einen Vorteil ziehen“.
Das muss der EHC auf Reisen tun, er hat nun vier Auswärtsspiele: Köln, Düsseldorf, Bietigheim und, obacht, Straubing. GÜNTER KLEIN