Deutsche Olympia-Bewerbung?

Nicht mit diesem IOC

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Ein flüchtiges Gedankenspiel: Was, wenn nicht Peking, sondern München die Olympischen Winterspiele 2022 ausgerichtet hätte, passend zum Fünfzigjährigen des großartigen 1972er-Events? Eine Katastrophe wär’s gewesen. Schon wegen Corona: Wohl kaum internationale Gäste in der Stadt, an den Wettkampfstätten reduzierte Zuschauerkapazitäten – also keine Wiederkehr dessen, was die Sommerspiele hier geprägt und unvergesslich gemacht hatte. Außerdem: Die Sommerunwetter hatten die Bob- und Rodelbahn am Königssee weggespült, dies wäre als Handicap dazugekommen. Unterm Strich können München und der Deutsche Olympische Sport-Bund (DOSB) froh sein, dass der Kelch Olympia 2022 an ihnen vorüber gegangen ist.

Das war zum Zeitpunkt, als die Bewerbung scheiterte, ohne eine tatsächliche, beim IOC hinterlegte gewesen zu sein, nicht absehbar. Wer rechnet schon mit einer Pandemie? Nun besteht Hoffnung, dass sie bald zu Ende geht, nicht wiederkehrt in vergleichbarer Form und auch wieder ambitionierte Planungen möglich sein sollten. Für einen neuerlichen Anlauf, die Olympischen Spiele nach Deutschland zu bringen?

Es ist ein absehbarer Reflex, dass DOSB und Fachverbände im unmittelbaren Nachgang zu für sie erfolgreichen Spielen eine deutsche Bewerbung auf die Agenda setzen wollen. Es wurde auch nach Sotschi und Pyeongchang lobbyiert. Und es ist wirklich zu hinterfragen, warum Deutschland zwar ein regelmäßiger Gastgeber im Fußball ist (WM 1974 und 2006, EM 1988 und 2024), aber seit fünfzig Jahren keine Generation mehr Olympia vor der Haustür hat erleben können. Wozu ist man Sportland?

Das sind Argumente, die dafür sprechen, den Hut mal wieder in den Ring zu werfen. Allerdings gilt es auch zu berücksichtigen: Das positive Image von Olympia hat sich verflüchtigt, daher die Niederlagen der Befürworter-Fraktion bei den Volksentscheiden. Man sieht nicht mehr die Chancen eines städtebaulichen Antriebs und das Erleben eines gut zweiwöchigen Rausches der Begegnung, sondern nur die negativen Hinterlassenschaften: nicht benötigte Bauten, Eingriffe in die Landschaft, Schulden, die Knebelverträge des IOC.

Es bräuchte eine Neuausrichtung des IOC, um eine Olympia-Bewerbung vorbehaltlos erstrebenswert zu machen. Doch das wird nicht geschehen.

Guenter.Klein@ovb.net

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