Garmisch-Partenkirchen – Linus Straßer hatte sich in eine Position gebracht, in der es nur noch um Attacke ging. Rang 16 belegte er am Sonntag nach dem ersten Lauf beim Weltcup-Slalom in Garmisch-Partenkirchen. Doch der Skifahrer des TSV 1860 München hatte noch einen Plan, wie er nach dem missratenen ersten Durchgang verriet: „Es war sicher eine Frage des Set-ups, aber ich habe für den zweiten Lauf etwas im Kopf.“
Tatsächlich startete er eine entschlossene Aufholjagd, im Zielraum empfingen ihn Linus-Linus-Rufe – und am Ende durfte sich der Münchner sogar als Drittplatzierter auf dem Siegerpodest präsentieren. „Einfach mega cool. Daran hätte ich selbst nicht mehr geglaubt“, sagte der 29-Jährige, nachdem er 13 Plätze gutgemacht hatte. Sieger wurde wie schon am Samstag der Norweger Henrik Kristoffersen, der damit als erster Fahrer in dieser Saison zwei Torläufe gewinnen konnte. Zweiter wurde der Brite Dave Ryding.
Bei seiner Weltcup-Premiere am Gudiberg lernte Straßer den gefürchteten Steilhang in all seinen Extremen unter Wettkampfbedingungen kennen. Die 58 Grad Neigung am Start, die schwierigen Übergänge von „absoluter Kontrolle zu Vollgas“ und die wechselnden Pistenverhältnisse von „schmierig weich“ bis „Vollglatze“. „Nur die Besten der Besten schaffen es hier. Linus hat bestätigt, dass er zu den Besten gehört“, belobigte der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier die famose Fahrt seines Schützlings. Schon am Vortag hatte Straßer mit Platz sechs überzeugt.
Die Unbarmherzigkeit des stetigen Gefälles spürten auch die besten Slalom-Artisten. Der Olympiasieger von Peking, Clement Noel, und der amtierende Weltmeister Sebastian Foss-Solevaag kamen bei keinem der beiden Weltcup-Rennen ins Ziel.
Schließlich erwischte es auch den Führenden des ersten Durchgangs: Loic Meillard. Der Schweizer rutschte bei einem Rechtsschwung weg, damit stand fest, dass Straßer vor 3000 Zuschauern mit Rang 3 einen schönen Heimerfolg feiern konnte. „Es ist cool, dass ich dem Heimpublikum etwas zurückgeben konnte“, sagte der Local Hero strahlend. Wenn es nach ihm ginge, dürfte die Slalom-Riege nun jedes Jahr am Gudiberg fahren. „Das war eine gute Bewerbung für einen Slalom in Garmisch.“
Der Skilöwe vom TSV 1860 war jedoch der einzige deutschen Starter, der auf dem Hang, der 2010 das letzte Mal vom Weltcup besucht worden war, einen vermeintlichen Heimvorteil nutzen konnte. Außer Straßer schaffte es kein einziger in den zweiten Lauf. DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier ließ den Druck des Heimrennens nicht als Ausrede für die zweite Slalom-Garde gelten: „Im Weltcup starten die besten der Welt. Wenn man da hinmöchte, muss man diesen Themen standhalten, sonst gehört man nicht dazu.“
Ebenso wenig konnten die Pistenbedingungen als Ausrede für Fahrer mit hoher Startnummer dienen. Die beiden Spanier Juan del Campo und Joaquim Salarich hatten sich in beiden Slaloms sensationell mit Startnummern jenseits der 50 für den zweiten Lauf qualifiziert. Salarich wurde am ersten Tag Achter und am Sonntag sogar Siebter. Die zweite Fahrt des Außenseiters hatte zunächst für den größten Lärm im Zielraum gesorgt – bis dann Straßer als Tagesdritter gefeiert werden konnte.
Der Münchner rückte damit auf Rang drei der Disziplinwertung vor. In rund zehn Tagen greift der Oberbayer dann beim Nacht-Slalom in Flachau wieder an. Als Nightrider ist mit ihm zu rechnen. Das hat Straßer beim Sieg in Schladming demonstriert.