München – Manchmal wundert sich Peter Kupferschmidt, wenn er seine Post durchschaut. „Unglaublich – ich krieg immer noch Autogrammwünsche“, sagt der Münchner. Bei einem Franz Beckenbauer oder Sepp Maier könne er das ja verstehen, dass sich die Fußball-Fans weiterhin für die Stars von einst interessieren. „Aber ich war doch nur ein Mitläufer.“ Nun, da untertreibt Kupferschmidt, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, doch etwas. Schließlich war er jahrelang Stammkraft beim FC Bayern. Und das in legendärer Zeit, in der die Fundamente für den heutigen Weltclub gelegt wurden.
Der Defensivspezialist stieg mit den Roten 1965 in die Bundesliga auf, 1966 wurden die Bayern als Neuling stolzer Dritter, holten den Pokal, gewannen 1967 den Europapokal der Cupsieger und erneut den DFB-Pokal – 1969 dann die zweite von inzwischen 31 deutschen Meisterschaften plus Pokal. Schlag auf Schlag ging das damals in den 60er Jahren. Und Kupferschmidt war stets mittendrin. „Meine Karriere“, sagt er, „war ein einziges Highlight.“
Kupferschmidt, den es schon mit 14 an die Säbener Straße zog („Mein Herz schlug immer für Rot“), galt stets als zuverlässiger Defensiv-Kämpfer, der sich auch als Sonderbewacher bewährte. Seine Schwäche, so meint er selbstkritisch, sei seine Grundschnelligkeit gewesen. Doch wenn ihm ein Gegenspieler entwischte, „dann war da immer noch einer, der dazwischenging – der Franz“. Franz Beckenbauer. Der Kaiser. Der entwickelte als Abwehrchef die neu kreierte Libero-Rolle bis zur weltweit bestaunten Perfektion. Und Kupferschmidt gehörte zu seiner getreuen Entourage. „Der Franz hat sich seine Klasse aber nie raushängen lassen“, betont der Teamgefährte.
Ein weiterer Schlüsselspieler der frühen Bundesliga-Jahre war Gerd Müller, der sagenhafte Bomber der Nation. Zu ihm hatte Kupferschmidt ein besonders enges Verhältnis. Die beiden teilten bei Trainingslagern und Auswärtsspielen das Zimmer. „Der Gerd war auch als Mensch ein super Typ.“ Allerdings hatte Müller in München Startschwierigkeiten. „Unser Trainer Tschik Cajkovski hat immer gesagt: Der ist zu dick.“ Bei einer Größe von 1,76 Meter wog der Stürmer anfangs 84 Kilo. Somit saß er die ersten zehn Punktspiele auf der Bank. Als Müller im Regionalligamatch gegen Freiburg seine Chance bekam, schoss er sofort zwei Tore – die einmalige Erfolgsgeschichte begann. „Man hat sofort gesehen: Im Sechzehner war der Gerd der große Mann.“
Insgesamt 221 Punktspiele bestritt Kupferschmidt für den FC Bayern. Und es wären sicher noch einige dazu gekommen, wenn die medizinische Betreuung damals besser gewesen wäre. „Wenn man sich damals schwerer verletzt hat, wurde man oft Sportinvalide.“ Bei Kupferschmidt war es ein Schlag gegen das Knie, den er 1969 in der Partie gegen den Meidericher SV (heute MSV Duisburg) erhielt, der zum folgenschweren Karriereknick führte. Zwei Wochen lang wurde er vom Teamarzt täglich gespritzt, das Knie schwoll dick an. Daraufhin wurden ihm heiße Moorpackungen verabreicht, wodurch am Knie eine Brandblase entstand: dreieinhalb Zentimeter lang, 0,5 Zentimeter tief. Die Wunde brauchte drei Monate, bis sie ausgeheilt war. Zudem brachten zwei Operationen nicht den erhofften Erfolg. „Heutzutage würde man eine Athroskopie machen und man wäre in ein paar Wochen wieder fit.“
Kupferschmidt war damals 27, „im besten Fußballalter“, aber so richtig auf die Beine kam er nach der Verletzung nicht mehr. Seine Karriere ließ der Fußballprofi von 1971 bis 1974 in Österreich (Sturm Graz, Kapfenberg) ausklingen. Beim Umstieg ins normale Leben war ihm ein früherer Mannschaftskamerad aus der Bayern-Jugend behilflich. Der arbeitete als Abteilungsleiter im größten Münchner Sporthaus, Kupferschmidt fand dort in den folgenden 31 Jahren sein berufliches Auskommen.
Das Fußballgeschehen verfolgt der rüstige Münchner bis heute mit großer Begeisterung. Auch wenn er in dieser Saison ein paar triste Momente erleben musste. Beim 0:5 im Pokal gegen Gladbach und beim 2:4 gegen Bochum seien seine Bayern, wie er mit großem Bedauern anmerkt, „ins offene Messer gelaufen“. Und auch jüngst gegen Frankfurt kamen bei ihm anfangs diesbezügliche Befürchtungen auf. „Ich habe mich dann so gefreut, dass sie 1:0 gewonnen haben.“ Die Bayern, sie lassen ihn nicht los, auch mit 80 Jahren. Kupferschmidts Erklärung: „Ich bin ein Roter durch und durch.“