Rio de Janeiro – Olympiasieger Alexander Zverev hat die deutschen Tennis-Herren in die Gruppenphase des Davis Cups geführt, richtig freuen konnte er sich darüber im ersten Moment aber nicht. Nach dem 6:1, 7:5 im Spitzeneinzel gegen den Brasilianer Thiago Monteiro verschwand der 24-Jährige am Samstagabend vom Centre Court im Olympia Park von Rio de Janeiro. „Wir wurden hier die ganze Zeit ausgebuht, irgendwann war es genug“, begründete Zverev seinen ausgebliebenen Jubel auf dem Platz.
Sauer machte den 24-Jährigen, dass er sich von einem Teil des Publikums beleidigt fühlte. „Die Zuschauer haben eine Grenze überschritten“, sagte Zverev. „Du kannst mich hassen, mich nicht mögen. Aber wenn es gegen deine Familie geht oder gegen einen, den du liebst, dann wird eine Linie überschritten“, sagte Zverev.
Eineinhalb Wochen nach seinem Ausraster beim Turnier in Acapulco holten ihn die Geschehnisse von Mexiko wieder ein. „Hier ist Acapulco“, riefen einige Fans in Anspielung an seine Disqualifikation in der vergangenen Woche. Dort hatte Zverev nach einem verlorenen Doppel mehrmals mit dem Tennisschläger gegen den Schiedsrichterstuhl geschlagen und den Referee dabei fast am Fuß getroffen. Zverev wurde vom Turnier ausgeschlossen und mit einer Geldstrafe belegt. Zudem ermittelt die Herrenorganisation ATP noch gegen ihn.
Noch am Samstag hatte sich Serena Williams dazu geäußert. Die 23-fache Grand-Slam-Siegerin ist überzeugt, dass sie bei einem ähnlichen Ausraster viel härter bestraft worden wäre. „Es gibt absolut eine Doppelmoral. Ich wäre wahrscheinlich ins Gefängnis gekommen, wenn ich das getan hätte. Wirklich. Kein Witz“, sagte die 40-Jährige in einem CNN-Interview. In ihrer Karriere hatte die US-Amerikanerin immer mal wieder Wutausbrüche. Dabei spielte sie sogar einmal auf Bewährung. Während der US Open 2009 hatte Williams eine Linienrichterin, die bei einem Aufschlag auf Fußfehler entschieden hatte, verbal massiv attackiert. Sie durfte danach zwei Jahre nur auf Bewährung spielen und erhielt eine hohe Geldstrafe.
Zverev hatte nach Acapulco kurzfristig entschieden, sein Comeback im Davis Cup zu geben. Wohl auch, um sein Image aufzupolieren, was sportlich gelang. Nach seinem klaren Zweisatzsieg gegen Thiago Seyboth Wild am Freitag ließ er Monteiro keine Chance. Nach nur 32 Minuten sicherte er sich den ersten Satz. Im zweiten Durchgang leistete Monteiro mehr Gegenwehr. Beim Stand von 4:5 musste Zverev sogar einen Satzball abwehren. Doch Zverev blieb auf dem Platz ruhig und machte mit dem ersten Matchball das Weiterkommen perfekt. Das fünfte Einzel wurde nicht mehr ausgetragen.
Vor Zverevs zweitem Sieg hatten Kevin Krawietz und Tim Pütz das deutsche Team auf die Siegerstraße gebracht. Das deutsche Doppel gewann gegen Felipe Meligeni Rodrigues Alves und Bruno Soares mit 4:6, 7:6 (7:4), 6:4.
„Nach dem Halbfinale im Vorjahr wollten wir unbedingt wieder in die Gruppenphase. Das war das Minimalziel“, sagte Teamchef Michael Kohlmann. Die Gruppenphase findet im September an vier noch zu bestimmenden Orten statt. Auch der Deutsche Tennis Bund erwägt eine Bewerbung als Ausrichter einer Gruppe. dpa