Augsburg – Die Wut des Augsburger Publikums schlug um in Häme, als das Strafmaß für den Münchner Kapitän Patrick Hager feststand. Zur Fünf-Minuten- gab es nach Videobeweis eine Matchstrafe obendrauf. Hager, der den Augsburger David Stieler mit einem Check gegen den Kopf in der 7. Minute des Derbys niedergestreckt hatte, musste die „Kühlbox“ wieder verlassen und übers Eis den sofortigen Weg in die Kabine antreten.
„Hager, Depperle, Hager, Depperle“, lauteten die Rufe von den Tribünen, die den Abgang des EHC-Mittelstürmers begleiteten. Schon Patrick Hagers Vater Toni, heute 59, hat sich das anhören müssen, zehn Zweitliga-Jahre hat er mit Freiburg, Stuttgart und Kassel regelmäßig im Curt-Frenzel-Stadion gespielt. Filius Patrick, 33, ist aber noch viel mehr Reizfigur. Er hat die eindeutig eindrucksvollere Karriere gemacht. Nationalspieler, olympischer Silbermedaillengewinner. Als er 2017 von den Kölner Haien nach München wechselte, sagte der damalige EHC-Kapitän Michael Wolf, er freue sich auf das Zusammenspiel mit „dem besten deutschen Mittelstürmer“.
Aber: Hager ist auch einer der härtesten deutschen Spieler. Typ „aggressive leader“, der gerne in die Bande geht und die Konfrontation mit größeren Cracks – er selbst misst nur 1,78 Meter – nicht scheut. In einige seiner DEL-Spielzeiten war er bei den Strafminuten im dreistelligen Bereich – zu viel. Vor allem: Einige Fouls bleiben hängen. Das in Augsburg fällt in diese Kategorie.
Trainer Don Jackson ließ erkennen, dass er mit der Aktion seines Kapitäns nicht einverstanden war: „Wir wollen niemanden verletzen. Das war ein wirklich schwerer Check.“
David Stieler, der Geschädigte, lag lange auf dem Eis, musste auf die Bank und schließlich in die Kabine geführt werden. Alleine konnte er nicht mehr gehen. Für Donnerstag waren genauere Untersuchungen vorgesehen. Ähnlich unbeliebt wie in Augsburg ist Patrick Hager in Straubing.
2019 leistete er sich einen Kniecheck gegen den Straubinger Fredrik Eriksson, der daraufhin wochenlang ausfiel. „Keine Absicht“, beteuerte Hager damals. „Mit Fredrik habe ich schließlich in Köln zusammengespielt.“ Als die DEL gegen Hager keine Sperre verhängte, war der Ärger Straubings so nachhaltig, dass man das Vereinsmaskottchen einen Sarg für die Liga übers Eis des Stadions Am Pulverturm ziehen ließ und die Gerechtigkeit symbolisch zu Grabe trug.
Resoluter ging der Weltverband IIHF gegen Hager 2017 bei der WM in Köln vor. Er erhielt zwei Spiele Sperre für „Slewfooting“, ein Foul, das selten vorkommt, weil es für eine gewisse Heimtücke steht: Man zieht dem Gegenspieler von hinten die Beine weg. Seit er 2017 im Streit von den Kölner Haien nach München wechselte, gilt er grundsätzlich als disziplinierter. Dem ehemaligen Spitzenschiedsrichter Pompeo Ondertoller, der immer noch viel Eishockey konsumiert, fiel auf, „dass Hager in Köln vor allem gerauft hat. Don Jackson muss was mit ihm gemacht haben.“ Der Münchner Trainer machte Patrick Hager zum Kapitän, nachdem Michael Wolf vor drei Jahren seine Karriere beendet hatte. Das Amt verpflichtete zur Mäßigung. Bis zum Mittwochabend in Augsburg.
Vor dem Münchner Wochenende (Freitag gegen Schwenningen, Sonntag gegen Mannheim) befasste sich der DEL-Disziplinarausschuss mit Hagers Aktion. Seine eben noch unauffällige Strafzeitenbilanz für 21/22 hat Hager sich versaut. In der mit drei Treffern aus bislang 39 Spielen torärmsten Saison seiner Karriere.
GÜNTER KLEIN