In den Nachrufen, die heute auf Egidius Braun, den mit 97 Jahren verstorbenen Ehrenpräsidenten des DFB, zu lesen sind, stehen ein paar Sätze, die uns zusammenzucken lassen. Es geht darum, dass es auch ihm zu verdanken sei, dass Deutschland die Ausrichtung der Fußball-WM 2006 zugesprochen bekam. Braun war UEFA-Funktionär, und alle acht Europäer in der FIFA-Exekutive stimmten seinerzeit, 2000, für die deutsche Bewerbung. Nun, mit dem Wissen von heute hat man den Glauben an saubere Prozesse verloren – doch wenn man jemandem nichts anhängen will, dann dem Mann, der „Pater Braun“ genannt wurde. Bei ihm ist am ehesten noch vorstellbar, dass er andere einfach ins Gebet für eine gute Sache nahm – ohne mit Vergünstigungen zu bezahlen.
Egidius Braun sticht aus der Riege der Präsidenten des DFB heraus. Von denen, die nach ihm kamen, verstrickten sich einige im Geldgewerbe des internationalen Fußballs, und der, auf den Braun einst folgte, war ein Schandfleck gewesen: Hermann Neuberger, Freund der argentinischen Militärdiktatur. Braun brachte eine menschliche Note in den Verband, was heute als „Corporate Social Respsonibility“ Standard in vielen Profivereinen ist, hat er in die Wege geleitet. Die immer noch aktive Mexiko-Hilfe, die er 1986 nach ihn aufwühlenden Begegnungen bei der WM gegründet hatte, ist ein Statement: Der Sport kann nicht einfach wegschauen, sondern mit seinem Einfluss Gutes bewegen. Für Egidius Braun spricht auch seine Erschütterung, nachdem bei der WM 1998 deutsche Hooligans den französischen Polizisten Daniel Nivel halb tot geprügelt hatten: Der DFB-Präsident stand kurz davor, seine Mannschaft vom großen Turnier abzuziehen. Er wägte allerdings dann auch sorgfältig ab und kam zum Schluss, dass vor allem etwas geschehen müsse, was Daniel Nivel und seiner Familie konkret helfe. Braun und der DFB sorgten für finanzielle Absicherung und dafür, dass der Fall nie vergessen wird.
Egidius Braun war ein politisch denkender Mensch, aber nicht ein Politiker, der einen Sportverband enterte (gab es ja auch zur Genüge). Und er machte kein Gewese um sich als Person. In den Nachrufen steht, er sei im „Export/Import von Agrarprodukten“ tätig gewesen. Über diese Formulierung würde er lachen. Egidius Braun nannte sich selbst „Kartoffelhändler“, das war ihm ehrbar genug. Der Kartoffelhändler war ein guter Präsident.
Guenter.Klein@ovb.net