Sicher ist die Marketingabteilung des FC Bayern schon dabei, sich Originelles zur zehnten Meisterschaft in Folge auszudenken, Caps zu bedrucken, T-Shirts zu beflocken, Tassen zu töpfern – jedoch: alle Gedanken und Maschinen stopp. Und dieses Gebot ist mehr als die übliche „Vorsichtsmaßnahme“, wenn bei Robert Lewandowski was zwickt und er das Training abbricht. Es ist ernst geworden für den FC Bayern München.
Großes Erschrecken nämlich beim Blick auf die Bundesliga-Tabelle: Borussia Dortmund ist nur noch vier Punkte zurück. Jener BVB, der neulich ganz Europa mit seinen Tollpatschigkeiten gegen die Glasgow Rangers erheitert hat und der nicht einmal die Conference League II gewinnen würde. Der in der Bundesliga immer wieder eine nicht zu erwartende Dämlichkeit eingebaut hat. Der die typischen Marco-Reus-taucht-unter-Tage verkraften muss. Der zuletzt als großen Blonden mit Pferdeschwanz nicht Erling Haaland, sondern Marius Wolf auf dem Platz stehen hatte. Dessen Trainer Marco Rose eine gepflegte Teilnahmslosigkeit an den Tag legt. Dem die eigenen Fans nachrufen, keine Gewinner-Mentalität zu haben. Bei dem Matthias Sammer externer Berater ist, aber keiner weiß, was seine Ratschläge sind. Doch zack, noch acht Spieltage – und Dortmund ist Meister.
Nicht fürchten müssten die Bayern die schwarz-gelbe Borussia, wenn sie mit 5:0-Galas durch die Bundesliga pflügte. Gefährlich ist es, wenn eine Mannschaft anfängt, gegen graue Gegner wie Bielefeld und Mainz schmucklos 1:0 zu gewinnen. Und wenn Axel Witsel ein Spiel entscheidet – der Belgier ist der laufschwächste Spieler in der Bundesliga, jedes Stadion für ihn Tempo-30-Zone. Wie stabil wird der BVB sein, wenn Erling Haaland nach vollständiger Wiederinbetriebnahme seiner Adduktoren und Hüftbeuger seine Tore gleichmäßig über die verbleibenden acht Partien verteilt? 31. Spieltag, Bayern gegen Dortmund – save the date! Haaland-Triumphposen in Fröttmaning. Und außerdem: Nagelsmann-Teams bauen gegen Saisonende eh immer ab.
Nein, die Bayern sind eigentlich schon verloren. Es kehren alte Zeiten zurück: Dortmund ganz oben. Dass Felix Magath wieder in der Liga wirkt, ist ein Zeichen in diese Richtung. Sein letztes Bundesligaspiel war am 28. Oktober 2012 mit Wolfsburg. Der amtierende Meister hieß Dortmund. Wer sieht dieser Tage nicht den Bayern-Fluch in Magaths listigen Äuglein funkeln?
Guenter.Klein@ovb.net