München – Am Dienstag treffen die Bayern-Frauen in der Allianz Arena auf Paris Saint-Germain (18:45). Rund 10 000 Karten wurden für das Viertelfinale in der Champions League bereits verkauft. Giulia Gwinn (22) spricht im Interview mit unserer Zeitung darüber, was sich im Frauenfußball noch ändern muss.
Giulia Gwinn, am Dienstag spielen Sie in der Allianz Arena mit den Bayern-Frauen gegen Paris. Wie groß ist die Vorfreude schon?
Unter der Woche haben wir uns natürlich auf die Bundesliga konzentriert, der Fokus liegt immer auf dem nächsten Spiel. Aber natürlich haben wir eine große Vorfreude auf die Partie in der Allianz Arena. Das wird ein echtes Highlight, das wir uns verdient haben.
Wie wichtig ist ein solches Spiel, um den Frauenfußball zu pushen?
Es ist eine riesengroße Ehre, dass wir diese Plattform erhalten. Und es ist ja auch nicht selbstverständlich, dass der Verein diesen Schritt gegangen ist. Das ist ein großer Schritt für den Frauenfußball.
Andere Länder sind da schon weiter. In Spanien hat der Frauen-Clásico etwa vor 85 000 Fans im Camp Nou stattgefunden.
Länder wie Spanien oder England sind da absolute Vorreiter. Die Vereine haben eine enorme Präsenz, die Spiele werden dort ganz anders vermarktet. Mit Aktionen wie dem Spiel in der Allianz Arena senden wir aber das klare Signal: Da wollen wir auch mal hin.
Ist die große Bühne am Dienstag auch eine große Chance, um der Welt zu zeigen, wie spannend und hochklassig Frauenfußball sein kann?
Wir müssen leider die vielen Vorurteile mit gutem Fußball widerlegen. Es ist nämlich nun mal immer noch so, dass es besonders auch in Deutschland viele Vorbehalte gegen den Frauenfußball gibt. Ich glaube aber, dass viele Menschen einfach nur die Klischees nacherzählen, die seit Jahrzehnten existieren. Mit so einem Highlight-Spiel wie gegen Paris können wir Werbung für den Frauenfußball machen.
Strukturell muss sich noch vieles ändern. Mit der Nationalmannschaft treten Sie oft während der Mittagszeit an.
Die Anstoßzeiten sind ein großes Thema bei uns. Ein Spiel unter der Woche um die Mittagszeit – bei wem passt das in den Tagesablauf? Vielen Interessierten wird da die Chance verwehrt, unser Spiel live oder im Stadion anzuschauen. Das ist extrem schade.
Zudem können Sie sich nicht nur auf den Leistungssport konzentrieren, sondern müssen nebenbei arbeiten oder studieren, um finanziell abgesichert zu sein. Wie anstrengend ist das?
Das war ja schon immer so, wir kennen es einfach nicht anders. Für uns ist völlig klar: Es reicht nicht, wenn wir uns nur auf den Fußball konzentrieren. Wir brauchen ein zweites Standbein, das ist ein ständiger Wegbegleiter. Ich glaube, wir Frauen sind da so diszipliniert, dass wir uns die Tage richtig einteilen und somit Sport und Beruf oder Studium unter einen Hut bekommen. Trotzdem kämpfen wir aber natürlich seit Jahren um eine finanzielle Annäherung. Das Wort Annäherung ist wichtig. Ich finde, es steht nicht ganz im richtigen Verhältnis, wenn man sagt, dass im Frauenfußball genauso viel verdient werden soll wie im Männerfußball.
Eine Studie der Sporthochschule Köln kam vor zwei Jahren zu dem Ergebnis, dass der Frauenfußball taktisch auf dem Niveau des Männerfußballs ist. Sehen Sie das auch so?
Taktisch auf jeden Fall, da stehen wir dem Männerfußball in nichts nach. Aber natürlich haben die Männer körperlich ganz andere Voraussetzungen, dadurch entsteht auch eine ganz andere Spielintensität. Das heißt aber nicht, dass es weniger Spaß macht, sich Spiele von uns anzuschauen. Im Frauenfußball gab es in den zurückliegenden Jahren eine enorme Entwicklung.
Auf den sozialen Medien haben Sie eine große Reichweite. Mit welchen Argumenten würden Sie Ihre Follower davon überzeugen, dass sich ein Besuch am Dienstag in der Allianz Arena lohnt?
Wir hoffen natürlich, dass erst mal die Bühne Allianz Arena die Leute anzieht. Dann haben wir mit Bayern gegen Paris natürlich auch ein sehr namhaftes Duell. Es sind zwei Mannschaften, die für offensiven Fußball stehen und sich nichts schenken werden. Wir wollen die Stimmung in der Arena aufsaugen und werden alles dafür geben, dass die Zuschauer ein attraktives Spiel sehen.
Zwei Edelfans werden auf jeden Fall anwesend sein: Ihre Mama und Ihr Papa.
Das ist für mich das Wichtigste, dass meine Eltern dabei sind. Die familiäre Unterstützung bedeutet mir extrem viel. Meine Eltern haben meinen Weg schon immer begleitet und viel dafür von sich gegeben. Ob damals bei den Spielen mit den Jungs, als sie uns immer zu den Spielen gefahren haben oder jetzt, wenn sie mich in der Allianz Arena unterstützen: Meine Familie ist immer dabei. Ich habe es ja schon öfters gesagt, dass es mir wichtig ist, das bodenständige Mädchen vom Bodensee zu bleiben. Meine Eltern würden mich aber auch an den Haaren ziehen, wenn die Gefahr besteht, dass ich eines Tages mal abhebe (lacht).
Trauen Sie Ihrer Mannschaft in der Champions League den Titel zu?
Beim FC Bayern werden immer Titel und Erfolge erwartet. Dem wollen wir auch gerecht werden. Dabei denke ich aber erst mal an die Meisterschaft und den DFB-Pokal. Die Champions League sehe ich als Bonus. Wir haben uns über die vergangenen Jahre als Verein erarbeitet, dass wir in Europa mit den Besten mithalten können. Ich glaube fest an meine Mannschaft und traue uns alles zu.
Interview: Nico-Marius Schmitz