Erik Lessers großes Finale

Mehr als nur Sportler

von Redaktion

ARMIN GIBIS

Siege sind immer etwas Besonderes. Speziell bei Sportlern, die nicht Dauergast auf dem Podium sind. Doch beim Triumph des Biathleten Erik Lesser im Verfolgungsrennen am Holmenkollen war es schier unmöglich, sich der Glückseligkeit und anderer kursierender Hochgefühle zu entziehen.

Allein schon die zeitliche Dramaturgie hatte es in sich. Seit zwölf Jahren kämpft Lesser in der Elite der Skijäger. Ein Siegläufer ist er nie gewesen, aber stets eine feste Größe im deutschen Team. Einer, der mit verlässlicher Treffsicherheit zu acht Staffel-Medaillen bei Olympia und Weltmeisterschaften betrug. Einzelrennen hatte der 33-Jähriger bis zu diesem Wochenende nur zwei gewonnen. Es spricht für ihn, dass er nun einen mitreißenden Endspurt hinlegte und einen Tag vor Ende seiner Karriere seinen dritten Sieg feierte. Dass er daraufhin vor Norwegens König Harald V. empfangen wurde, wirkte wie ein Ritterschlag. Wobei es festzuhalten gilt: Das ganze deutsche Lager gönnte Lesser diesen grandiosen Abschied – alle freuten sich mit ihm.

Die großen Sympathien, die da sichtbar wurden, haben nicht zuletzt auch damit zu tun, dass Lesser immer wieder auch persönliche Größe und Charakterstärke abseits der Loipe offenbarte. Er verkörperte den erfrischend meinungsfreudigen Athleten wie nur wenige. In Zeiten, in denen von höchsten Funktionären gerne propagiert wird, der Sport sei vornehmlich unpolitisch, demonstrierte Lesser immer wieder, dass man sich als Sportler sehr wohl einen kritischen Geist leisten kann. Wenn es sein musste, legte er sich auch mit dem IOC-Präsidenten an. Doch Lesser machte aus seiner aufrechten Haltung keinen Selbstzweck, nie gab er Kontra um des bloßen Widerspruchs willens. Das machte ihn glaubwürdig und zu einem Vorbild. Er war mehr als nur Sportler – und das zeichnete ihn ganz besonders aus.

Seine Stimme wird dem Biathlon fehlen. Doch vielleicht kommt es ja zu einem Comeback. Sein Berufsziel ist Coach. Durchaus denkbar, dass Erik Lesser eines Tages als Bundestrainer zurückkehrt. Eine schöne Vorstellung.

armin.gibis@ovb.net

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