München – Es war die Reaktion einer großen Athletin: Nach ihrem fünften Platz bei Olympia in Peking, den Ramona Hofmeister als Enttäuschung empfand, legte die Raceboarderin aus Bischofswiesen ein bärenstarkes Finish im Weltcup hin – mit einer Titelparty dahoam am Götschen. Zum dritten Mal in Folge sicherte sich die 25-Jährige den Gesamtweltcup – neben der kleinen Kristallkugel für den Gewinn der Gesamtwertung im Parallelriesenslalom (PGS). Unser Interview mit der „Rennsau“ aus Bischofswiesen, wie sie von ihren Teamkolleginnen liebevoll genannt wird.
Ramona, wie feiert man einen Titel-Hattrick im Gesamtweltcup – vor Ihren Heimfans, die nach zwei Jahren Corona-Abstinenz am Wochenende wieder zugelassen waren?
Sagen wir mal so: Wir haben darauf angestoßen . . . (lacht)
Sind Sie also nicht nur eine „Rennsau“, wie Sie Teamkollegin Melanie Hochreiter getauft hat, sondern auch ein Feierbiest?
(lacht weiter) Das eine oder andere Bier haben wir schon getrunken – ich hab’s auf jeden Fall genossen. Ich glaube, das darf man aber auch nach so einem emotionalen Sieg. Irgendwann hatte ich Muskelkater, weil die Kristallkugeln sauschwer sind, vor allem die große. Da musste ich öfter mal den Arm wechseln.
Sind die Kugeln denn heil geblieben im Trubel?
Ja, zum Glück – anders als beim Prommegger Andi, wo die Kugel gleich einen Sprung gekriegt hat. Ich hatte meine wie Babys im Arm, hab sie nur kurz abgegeben, wenn sie jemand für ein Foto halten wollte. Später, bevor die Feier richtig losging, hab ich sie dann in die Kiste gepackt und im Auto eingeschlossen.
Die Schlange der Gratulanten nahm ja kein Ende: erst Ihre Mama, dann kam schon der Bürgermeister von Bischofswiesen dazu. Ist er so ein großer Fan?
Ja, der Thomas (Weber), der fiebert voll mit, schreibt und gratuliert mir auch immer. Er hat sogar ein Bild von mir gemacht, wie ich die Kugeln fotografiert habe. Schön, in der Heimatgemeinde so einen Rückhalt zu haben.
Vier Wochen vorher, nach ihrem Viertelfinal-Aus bei Olympia, musste er Sie vermutlich aufbauen. Sie sollen schwer frustriert gewesen sein.
Das kann ich auf jeden Fall bestätigen – und ich denke, das ist auch verständlich. Ich bin ja nicht mit dem Ziel nach Peking gereist, Fünfte zu werden – als zweifache Gesamtweltcupsiegerin und mit der Medaille, die ich schon von 2018 hatte (in Bronze/Red.). Mein Ziel war ganz klar, ganz oben auf dem Podest zu stehen – und ich denke, das wäre auch möglich gewesen. Im Rückblick bin stolz auf Platz fünf, aber im ersten Moment hat mich der geplatzte Traum wahnsinnig hart getroffen. Ich wollte auch am Anfang gar keine Nachrichten beantworten, weil’s mir so wehgetan hat. Gleich bei der ersten, vom Hirschbiel Markus, der mich seit drei Jahren im Sommer trainiert, bin ich in Tränen ausgebrochen. Danach hab ich’s erst mal gelassen.
So hart?
Es sind halt einfach vier Jahre Arbeit – die sich dann in einen einzigen Wettkampftag verdichten. Eigentlich ist das krass und für mich absolut unverständlich. Wir haben eine einzige olympische Chance – obwohl es im Weltcup drei Disziplinen sind (Parallelriesenslalom, Parallelslalom, Team Mixed). Schwierig, denn wenn’s an dem Tag nicht klappt, aus irgendeinem Grunde, ja soll ich dann sagen: Servus, passt – bis in vier Jahren wieder!?
Sie sollen sich dann zwei Wochen lang ziemlich zurückgezogen haben.
Ich war froh, dass danach eine längere Pause war. Die hab ich gebraucht. Familie und Freunde haben mir da Halt geben, ansonsten wollte ich nicht viel wissen. Bis ich mich wieder gefangen habe.
Sie sind dann umso stärker zurückgekommen. Frust, umgewandelt in wütende Rennenergie?
So kann man’s formulieren. Es kam dann ja auch geballt. Drei Weltcups in einer Woche, in Piancavallo, in Rogla und daheim – da war ich noch mal topmotiviert.
Mir ihrer dritten großen Kristallkugel haben Sie sich getröstet. Und auch wenn Sie keine große Vorausplanerin sind: Was ist das nächste Ziel? Der WM-Titel 2023 in Georgien?
Mein Ziel ist jetzt erst mal ausruhen. Runterkommen nach so vielen Höhen und Tiefen. Die nächste Zeit wird ganz ruhig bei mir. Die letzten Tage waren emotional so krass. Kompletter Wahnsinn! So ganz ist es immer noch nicht angekommen bei mir. Das ist zu viel für einen Menschen. Und zur Frage: Ich bin wie gesagt keine, die weit vorausplant, aber ganz oben bei der WM fehlt mir noch. Ich bin auf jeden Fall motiviert, weiterhin Vollgas zu geben.
Auch hinsichtlich Olympia in vier Jahren?
Vier Jahre ist eine wahnsinnig lange Zeit, aber klar: Der Gedanke ist schon präsent bei mir. Ich würde wahnsinnig gerne in Cortina starten bzw. in Livigno, wo unsere Wettkämpfe sind – schon weil es endlich mal wieder Olympische Spiele in Europa sind. Ich halte das für einen sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung.
Die letzte Snowboard-WM in Berchtesgaden war 1999. Wäre es nicht ein Ziel, sich für eine Neuauflage starkzumachen?
So weit hab ich noch gar nicht gedacht. Mein Traum war immer ein Weltcup am Heimhang in Bischofswiesen – das haben wir geschafft. Jetzt hatten wir sogar zweimal das Weltcupfinale dort. Natürlich wäre eine Heim-WM der Oberhammer, ich kann das gerne mal vorschlagen (lacht).
Interview: Uli Kellner