Attacke auf Europas Spitze

von Redaktion

Teil 2 der Bayern-Serie: Hainer und Pesic erläutern die großen Pläne mit dem SAP Garden

München – Die Fußballwelt im Umbruch. In England und Europas Süden verändern Oligarchen und Schuldenbarone mit Milliardeninvestitionen die Spielregeln. In Europas Spitzenfußball gibt es nur noch eine Konstante, die sich von diesem Geschäftsgebaren distanziert – und trotzdem herausragende Erfolge feiert: der FC Bayern München. In unserer Serie „Mia san mia – wie der FC Bayern Tradition & Zukunft verbindet“ blicken wir hinter die Kulissen und zeichnen nach, wie die Bayern auch in Zukunft bestehen können. Mit den Fußball-Profis, den Basketballern oder als Eigentümer der Allianz Arena. Heute: Präsident Herbert Hainer (67) und Basketball-Geschäftsführer Marko Pesic (45).

Herr Hainer, Herr Pesic: Welche Rolle wird der SAP Garden künftig in der Sportstadt München spielen?

Hainer: Er wird ein weiteres Aushängeschild sein! München hat bereits tolle Sportstätten wie zum Beispiel die Allianz Arena, und der SAP Garden wird als eine der modernsten Hallen Europas weitere Maßstäbe setzen. Der Audi Dome ist eine wunderbare Heimat unserer Basketballer geworden, aber wenn man so ein neues Projekt aufstellen kann, hat man natürlich ganz andere Möglichkeiten, die Zuschauer mit innovativen Ideen zu begeistern.

Auf was können sich die Fans freuen?

Hainer: Der SAP Garden wird sehr modern sein, digital und insgesamt innovativ. Gerade der Basketballsport hat eine Zielgruppe, die jung und darum auch affin für neue Technologien und Formen der Kommunikation ist. Welche Halle hat als Vorbild gedient?

Pesic: Wir haben uns unzählige Hallen angeschaut, auch in den USA. Aber am Ende sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass wir nichts kopieren wollen. Zwei Aspekte waren uns wichtig. Erstens: Wir wollen die einmalige Basketball-Atmosphäre aus dem Audi Dome in den SAP Garden transportieren, in den beinahe doppelt so viele Zuschauer passen. Zweitens: Das Gesamtpaket in Sachen Entertainment, Dienstleistungen in der Halle und Parkplatz-System muss eine Symbiose sein. Hier haben wir uns vor allem in den USA Anregungen gesucht, weil wir in Europa nichts Vergleichbares gefunden haben.

Hainer: Das spezielle Basketball-Gefühl aus dem Audi Dome soll sich bei den Fans auch im SAP Garden einstellen. Gleichzeitig wird der Fan auch noch in ein neues Zeitalter versetzt. Man kann sich dann beispielsweise zu Hause auf dem Smartphone sein Essen für eine bestimmte Uhrzeit im SAP Garden vorbestellen. Darüber hinaus werden digitale Welten erschaffen, die man vor Ort interaktiv erleben kann.

Trotzdem werden auch weiterhin Spiele der Bayern-Basketballer im Audi Dome stattfinden.

Pesic: Stand jetzt werden die internationalen Spiele im SAP Garden ausgetragen und Bundesliga-Spiele der regulären Saison weiterhin im Audi Dome. Auch, damit der Fan nicht immer überlegen muss, wo ein Spiel letztlich stattfindet. Also in der ersten Saison werden im SAP Garden mindestens 20 Spiele stattfinden.

Was geschieht in Zukunft mit dem Audi Dome, sollten irgendwann sämtliche Spiele im SAP Garden ausgetragen werden?

Hainer: Wir brauchen den Audi Dome weiterhin als Spiel- und als Trainingsstätte, da wir ja kaum Trainingsflächen haben.

Pesic: Wir haben uns im Rahmen des Entwicklungsprojekts SAP Garden gemeinsam mit der Stadt hingesetzt und ihnen erklärt, dass wir den Audi Dome in Zukunft weiterhin brauchen. Darum haben wir uns auf eine Verlängerung des Mietvertrags bis zum Jahr 2030 geeinigt. Mindestens so lange ist das unser Wohnzimmer, immerhin haben wir hier auch unsere Büros angesiedelt. Wir haben mit der Stadt vereinbart, den Audi Dome bis 2030 Schritt für Schritt noch mehr zu einer Event-Location gestalten zu wollen mit Konzerten und anderen Veranstaltungen. Der Audi Dome soll wieder eine Event-Location für den Großraum München werden. Daran tüfteln wir bereits, damit der Audi Dome weiterhin eine wichtige Bedeutung in der Stadt hat, wenn der SAP Garden in Betrieb genommen wird.

Der SAP Garden soll dann aber nicht nur Zuschauer – bis zu 12 500 werden dort Platz finden –, sondern auch internationale Topspieler anlocken. Welche Rolle spielt die neue Arena bei den sportlichen Zielen?

Pesic: Wenn wir in Vladimir Lucic einen der besten fünf Spieler Europas der vergangenen Saison für weitere drei Jahre binden konnten, spielen dort natürlich auch die Visionen des Vereins eine entscheidende Rolle. Und in dieser Vision nimmt wiederum der SAP Garden eine wichtige Rolle ein. Wenn ich mit Kollegen aus der EuroLeague spreche, höre ich Folgendes raus: Die internationale Konkurrenz hat schon Respekt, wie unsere Mannschaft aussehen wird, wenn wir den SAP Garden in Betrieb nehmen. Denn: Eine so moderne Spielstätte lockt natürlich auch Topspieler an.

Hainer: Man kann auch sagen, dass der SAP Garden ein Statement ist, was der FC Bayern mit Basketball in der Zukunft erreichen will. Das ist ein ganz klares Zeichen auch an die Spieler, dass wir hohe Ambitionen haben, denn der SAP Garden hat eine große Anziehungskraft. Unsere Mannschaft sollte künftig vergleichbar mit dem SAP Garden sein: Europas Spitze!

Wie ist der Stellenwert des Basketballs innerhalb der Fangemeinde des FC Bayern? Muss der Fußball sich in Zukunft da schon mal ein bisschen umschauen?

Hainer: Nein. Wir wurden vor über 120 Jahren als Fußballclub gegründet, und Fußball wird beim FC Bayern natürlich weiter dominierend sein, zumal Fußball auch in der Welt der dominierende Sport ist. Aber ich bin davon überzeugt, dass Basketball beim FC Bayern erstens eine absolute Berechtigung hat. Und zweitens die Verantwortlichen dort einen exzellenten Job gemacht haben. Ich würde mich nicht wohlfühlen, wenn wir mit Basketball in der zweiten Liga spielen würden. Das ist nicht der Anspruch dieses Clubs. Und drittens: Ich glaube, dass Basketball dem FC Bayern insgesamt guttut, weil hier neue Ideen und Sichtweisen entstehen.

Im SAP Garden haben beinahe doppelt so viele Menschen wie im Audi Dome Platz. Welche Rolle spielt das bei der Finanzierung der Mannschaft?

Pesic: Im Basketball gibt es zwei sehr wichtige Einnahmenquellen: Sponsoring und Ticketing. In den letzten zwei Jahren haben wir die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Ticketing sehr gemerkt. Selbstverständlich spielen diese Einnahmen eine entscheidende Rolle. Wenn man künftig bei Spielen die doppelte Zuschaueranzahl hat, wird das einen Unterschied machen. Der SAP Garden ist für uns ein Instrument, um den nächsten Schritt zu machen. Aber wir müssen uns als Verein gut vorbereiten, dass wir das auch so wie gewünscht umsetzen. Daran arbeiten wir jeden Tag. Es ist eine Herausforderung, die uns sicherlich weiterbringen wird, auch finanziell, da muss man auch ehrlich sein.

Das Strategieprojekt FC Bayern AHEAD ist nach wie vor sehr präsent. Welche Rolle spielt dabei der Basketball?

Hainer: Beim gesamten AHEAD-Prozess gab es ein Steering-Komitee, da waren neben unserem Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und weiteren Entscheidungsträgern sowohl Benny Folkmann als auch Marko Pesic von Anfang an dabei, weil wir alle Profisportarten und alle Abteilungen des FC Bayern in das Projekt miteinbeziehen wollten – schließlich sollen ja alle von diesem Prozess profitieren, wenn man über die Zukunft redet. Was auch ganz wichtig ist: Es gibt bestimmte Themen, die für alle übergreifend relevant sind. Ein Beispiel: Nachhaltigkeit. Man kann nicht sagen, man macht ein Nachhaltigkeitskonzept nur für die Fußballer, denn Themen wie der CO2-Ausstoß etc. sind ja in allen Sparten zu behandeln. Deswegen haben wir das Projekt von Anfang an für den gesamten Club aufgestellt.

Wie ist der sportliche Austausch zwischen den Abteilungen? Ist da künftig noch mehr Verzahnung geplant?

Hainer: Unsere Entscheidungsträger reden permanent miteinander, beispielsweise Marko Pesic mit Hasan Salihamidzic. Aber es gibt sportspezifische Dinge. Beispiel Kaderplanung. Sie verläuft im Basketball sicherlich ganz anders als im Fußball. Im Fußball versucht man einen Stamm zu haben, um den man seine Mannschaft aufbaut. Das ist im Basketball ganz anders. Im Basketball gibt es sogar Monats- oder Wochenverträge, was eine permanente Veränderung der Mannschaft nach sich ziehen kann, wenngleich das bei uns selten vorkommt. Aber es gibt auch viele Dinge, die man gemeinsam angehen kann: Reha, Physio, sportmedizinische Betreuung. Dafür haben wir ein anderes Projekt: das Performance Center, das wir am FC Bayern Campus bauen wollen. Dort wollen wir diese Dinge gesamteinheitlich für den Verein zusammenführen.

Wie wird das aussehen?

Pesic: Unser Basketball-Nachwuchsbereich ist seit 2017 auf dem Campus. Dort haben wir eine eigene Halle und auch Spieler, die seit dem vergangenen Jahr am Campus wohnen. Diese Verzahnung im Jugendbereich ist exzellent. Im Profi-Bereich ist es so, wie es Herr Hainer gesagt hat. Wir teilen dieselbe medizinische Abteilung, Dr. Jochen Hahne zum Beispiel ist auch bei uns tätig. Die Athletik-Trainer tauschen sich auch aus. Der Austausch mit Hasan ist da, wenn jemand etwas braucht. Mit Fußball-Teammanagerin Kathleen Krüger tauschen wir uns bei Reiseplanungen aus. Die Trainer sprechen miteinander. Julian Nagelsmann ist exzellent für solche Sachen, weil er über den Spielfeldrand hinausschaut. Wie Pep Guardiola damals, der ständig im Audi Dome zu Gast war. Das ist wirklich super. Ich habe das Gefühl, es wird von Jahr zu Jahr besser und noch professioneller.

Ist es vorstellbar, dass künftig die Jahreshauptversammlungen des FC Bayern im SAP Garden stattfinden?

Hainer (schmunzelt): Sollten wir einmal rund 10 000 Leute erwarten, könnte das theoretisch ein Thema werden. Bei 3000 Leuten können wir weiterhin den Audi Dome nutzen. Natürlich wird der SAP Garden auch für Veranstaltungen genutzt, aber wir sind nur Mieter für eine gewisse Anzahl von Spielen. Wir könnten uns einbuchen für eine Jahreshauptversammlung, aber bestimmen muss Red Bull, was sie neben Basketball und Eishockey in der Halle machen.

Interview: Manuel Bonke und Philipp Kessler

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