München – Kevin Magnussen (29) top, Mick Schumacher (23) flop – das Auftaktrennen der Formel 1 in Bahrain hielt für das Haas-Team nach der Trennung von ihrem russischen Hauptsponsor und dem russischen Fahrer Nikita Mazepin Licht und Schatten bereit. Unsere Zeitung hat darüber mit Südtiroler Teamchef Günther Steiner (56) gesprochen.
Herr Steiner, Glückwunsch zum fünften Platz von Kevin Magnussen. Das war doch ein Auftakt nach Maß. Warum lief es so gut?
(lacht): So schnell geht es. Vergangenes Jahr musste ich ständig erklären, warum wir so schlecht sind und jetzt warum es so gut läuft. Aber im Ernst: Es zeigt, dass wir gut gearbeitet haben.
Dabei waren die Wochen vor dem Saisonstart alles andere als einfach …
Wir waren gut vorbereitet auf die Saison. Dann marschierte Russland in die Ukraine ein. Mir war sofort klar, dass wir ein Problem bekommen würden. Die Trennung von unserem russischen Hauptsponsor und unserem russischen Fahrer Nikita Masepin war eine logische Konsequenz. Kevin Magnussen war von Anfang an unsere erste Wahl als Ersatz.
Masepin hat nachgetreten. Er wirft speziell Ihnen vor, von der Presse von seinem Rauswurf erfahren zu haben – nicht aber in einem persönlichen Gespräch. Ihre Reaktion?
Ich versuche da ganz ruhig zu bleiben und mich nicht von Emotionen hinreißen zu lassen. Das Wichtigste dabei ist für mich immer das Team. Ihm und seinen Mitarbeitern gegenüber habe ich die Verantwortung, das ist, was zählt. Was man wissen muss: Es gibt bei jedem Vertrag, auch bei dessen Auflösung, eine rechtliche Grundlage, die man beachten muss. Mit diesem Hintergrund habe ich Nikita nicht hintergangen, auch wenn ich verstehe, dass er enttäuscht ist.
Jetzt haben Sie Magnussen zurück. Sie kennen ihn sehr gut, er war schon von 2017 bis 2020 Ihr Fahrer. Er bringt eine viel größere Qualität ins Team.
Wir mussten schnell handeln und wir haben uns zum Glück schnell geeinigt. Ich habe gar nicht mit anderen Piloten verhandelt. Es war das beste für das Team inklusive Mick Schumacher. Mit Kevin hat er jetzt eine sehr gute Referenz. Es ist für Mick die richtige nächste Stufe für seine Karriere. Kevin ist ein sehr guter Fahrer. Man kann deshalb nicht von Mick erwarten, dass er ihn an die Wand fährt. Er kann und muss von ihm lernen.
Auch wie man Bürotüren zerstört? Eine ging ja mal drauf, weil Magnussen seiner Wut an Ihrer Tür ausgelassen hat.
(lacht) Es ging ja nicht nur um Kevin, sondern auch um Romain Grosjean. Keiner wollte nachgeben, sie fuhren sich ab und zu dann in die Kiste. Deshalb musste ich öfters zwischen den beiden vermitteln und ihnen auch klarmachen, dass sie alleine auf der Piste die Verantwortung für alle im Team haben. Es fährt nämlich keiner sonst das Auto. Mit Mick und Kevin werde ich das genauso angehen, falls es, was ich nicht hoffe, mal notwendig ist. Aber man soll einen Emotionsausbruch nicht zu hoch bewerten, sondern die Emotionen lieber in die richtige Richtung lenken. Man kann sich schon mal in die Quere kommen, es darf nur nicht zur Gewohnheit werden. Dann schaden sie sich am Ende am meisten selbst. Das versuche ich ihnen zu erklären.
Ihr neues Auto wird kritisch beäugt. „Moby Dick“ nennt man ihn mit einer Mischung aus Respekt und Kritik, weil er für einige der „weiße Ferrari“ ist. Wie gehen Sie mit dem Vorwurf um, man hätte die Zusammenarbeit unerlaubterweise übertrieben?
(schmunzelt) Wissen Sie, diese Vorwürfe gab es immer und wird es immer geben. Ich bleibe da gelassen. Sind wir gut, nennen sie unser Auto „weißer Ferrari“. Sind wir schlecht, dann nicht. Das finde ich langsam lächerlich. Für Neid muss man hart arbeiten. Mitleid kriegt man gratis. Ich würde mir wünschen, dass die anderen vor Neid erblassen. Weil das dann heißt, dass wir einen sehr gute Job gemacht haben. Schauen wir mal, wie der größte Fußballer der deutschen Fußballgeschichte immer zu sagen pflegte.
Zurück zu Mick Schumacher: Was erwarten Sie von ihm?
Dass er wie Kevin in die Punkte fährt. Ganz einfach. Das ist auch das, was er von sich erwartet. Ich habe keine Bedenken, dass er das noch schafft. Im letzten Jahr war unser Auto einfach zu schlecht. Jetzt hat Kevin gezeigt, was möglich ist. Er kam quasi aus dem Urlaub und ist in die Punkte gefahren. Das zeigt, dass bei Mick noch Luft nach oben ist.
Wenn Mick sich steigert und in Zukunft einschlägt, weckt das natürlich auch Begehrlichkeiten bei anderen Teams.
Hoffentlich ist das so. Denn dann haben wir einen guten Job gemacht. So ist unser Geschäft.
Mick ist Ersatzfahrer bei Ferrari. Es gibt immer wieder Coronabedingte Ausfälle, wie man in Bahrain bei Sebastian Vettel gesehen hat. Wie groß sind die Bedenken, dass im Fall der Fälle Mick ein Rennen im Ferrari fahren könnte?
Diese Möglichkeit besteht, zumindest bei einigen Rennen. Mit Giovinazzi hat Ferrari ja noch einen anderen Ersatzpiloten. Ich hoffe nicht, dass ein Ferrarifahrer ausfällt. Aber wenn, würden wir Mick nicht im Weg stehen.
Interview: Ralf Bach