„Müller trifft immer den Ton“

von Redaktion

Teil 6 der Bayern-Serie: Marketing-Chef Jung über Absatzmärkte und den Liebling der Fans

München – Die Fußballwelt im Umbruch. In England und Europas Süden verändern Oligarchen und Schuldenbarone mit Milliardeninvestitionen die Spielregeln. In Europas Spitzenfußball gibt es nur noch eine Konstante, die sich von diesem Geschäftsgebaren distanziert – und trotzdem herausragende Erfolge feiert: den FC Bayern München. In unserer Serie blicken wir hinter die Kulissen und zeichnen nach, wie die Bayern auch in Zukunft bestehen können. Mit den Fußball-Profis, den Basketballern oder als Eigentümer der Allianz Arena. Heute: Marketing-Vorstand Andreas Jung (60) über die wichtigsten Märkte für den deutschen Rekordmeister und Fan-Liebling Thomas Müller (32).

Welche Märkte sind für den FC Bayern interessant?

Jung: Die internationalen Fokusmärkte des FC Bayern sind seit einigen Jahren die USA und China. In diesem Jahr haben wir zudem ein weiteres Büro in Bangkok eröffnet, um von Thailand aus den südostasiatischen Raum noch besser erreichen zu können. Diese neu hinzugekommene Region ist wegen des enormen wirtschaftlichen Wachstums sehr interessant – bis 2030 soll sie sich zur viertgrößten Volkswirtschaft der Welt entwickeln -, außerdem ist die Fußballbegeisterung sehr groß: Wir sprechen hier von über 600 Millionen Menschen, die sich für unseren Sport interessieren, das ist eine Größenordnung wie in Europa. Aus unseren bisherigen Projekten beispielsweise in Thailand oder Singapur wissen wir, dass der FC Bayern bei den Fans dort schon seit Langem einen erstklassigen Ruf hat. In der gesamten Region haben wir aktuell 39 Fanclubs, mehr als 3300 Mitglieder, und es gibt insgesamt schon jetzt mehr als 160 Millionen FC-Bayern-Sympathisanten. Das ist eine extrem starke Basis. Bangkok ist zudem im südostasiatischen Raum ein internationales Drehkreuz mit großer Reichweite. Wichtige Partner haben dort ebenfalls Dependancen, und wir haben viele regionale Partner in der Region.

Wie geht der FC Bayern bei der Erschließung neuer Märkte vor?

Jung: Zunächst wird natürlich an der Säbener Straße analysiert und diskutiert, welche Märkte aus welchen Gründen interessant sind. Internationalisierung ist alternativlos, als großer Club müssen wir global denken und handeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es hat sich bewährt, Büros in den jeweiligen Regionen zu eröffnen. Wir haben in New York und Shanghai wertvolle Erfahrungen gesammelt, und unsere Meinung wurde bestätigt, dass es im Sinne eines nachhaltigen Zusammenspiels essenziell ist, mit Büros vor Ort vertreten zu sein. Daher nun auch der Schritt mit dem nächsten Standort in Bangkok. Wir wollen die Fans in den jeweiligen Regionen verstehen und uns ehrlich und intensiv mit ihnen auseinandersetzen. Wir merken, dass das extrem gut ankommt. Die Fans haben ja ein Gespür, ob man sie und ihre Wünsche wirklich ernst nimmt.

Wie wichtig sind Spieler wie Thomas Müller für die Fanbindung?

Jung: Extrem wichtig! Aus mehreren Gründen, und eines muss man hier auch einmal dringend klarstellen: Wir sprechen gerade über unsere Internationalisierung – aber bei allem, was der FC Bayern unternimmt, ist immer klar, dass unsere Wurzeln hier in München und in Bayern liegen. Das ist unsere Heimat, unsere Fans hier bilden die Basis für alles. Wir haben eine großartige Chance, bayerisches Lebensgefühl und unsere Sicht auf die Welt zu transportieren. Ein Thomas Müller kommt zum Beispiel in Passau genauso super an wie in Portland oder in Peking, er spricht irgendwie die Sprache aller Menschen und trifft immer den Ton. Das Gleiche gilt aber generell für unsere Spieler, weil sie alle extrem für das stehen, was uns als Verein insgesamt auszeichnet: Erfolg, Kontinuität, Authentizität. Stichwort Identifikation. Mia san mia. Das kommt weltweit bei den Fans an.

Welche Rolle spielen auch in Zukunft Markenbotschafter wie Giovane Elber oder Claudia Pizarro?

Jung: Beides sind unglaubliche Sympathieträger, nicht nur in ihrer südamerikanischen Heimat, sondern weltweit. Und auch das ist ja ein wesentlicher Kern beim FC Bayern, dass er seine Tradition am Leben erhält, indem er seine erfolgreichen Spieler nach der Karriere weiter in der FC Bayern-Familie hält. Ich erlebe das immer wieder, wie die Menschen den beiden an den Lippen hängen, wenn sie von ihren großen Spielen mit dem FC Bayern erzählen. All das schafft eine gemeinsame Identifikation mit unserem Verein, und so sind wir eine extrem lebendige, greifbare „World’s Biggest Sports Family“.

Sind weitere Partnervereine wie der FC Dallas geplant?

Jung: Das ist durchaus denkbar. Der FC Dallas hat die beste Nachwuchsakademie innerhalb der MLS und ist für seine hervorragende Jugendarbeit bekannt und sollte sich eine ähnlich starke Kooperation ergeben, sind wir immer offen. Unsere Partner beim FC Dallas sind übrigens begeistert, dass in diesem Jahr der American Football mit der NFL in unserer Allianz Arena zu Gast sein wird. Sie sind ja auch die Eigentümer der Kansas City Chiefs. Hier sieht man, welche Synergien man bei internationalen Doppelpässen erzielen kann.

Das Projekt FC Bayern World Squad geht in die zweite Runde. Was bringt diese Aktion dem FC Bayern?

Jung: Dieses Projekt hat sich gleich im ersten Jahr enorm entwickelt. Wir haben weltweit ein phänomenales Feedback bekommen und freuen uns daher sehr auf die zweite Runde, die wir wieder gemeinsam mit unserem Partner VW umsetzen. Es ist eine ausgezeichnete Option für Talente aus der ganzen Welt, ihrem Traum vom Profifußballer einen Schritt näher zu kommen. José Mulato aus Kolumbien hat im vergangenen Jahr so einen Eindruck gemacht, dass er nun beim FC Dallas einen Vertrag unterschreiben konnte. Viele andere Talente sind durch die World Squad nun bei ihren Juniorennationalteams gelandet. Für uns als FC Bayern ist dieses Projekt eine ausgezeichnete Möglichkeit, Menschen rund um den Erdball zu erreichen.

Interview: Philipp Kessler, Manuel Bonke

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