München – 0:1 in Villarreal. Die nächste Niederlage gegen einen Underdog. Wie erklärt das ein Profi? Wir haben mit Sportpsychologe Matthias Herzog gesprochen.
Warum schafft es Bayern häufig nicht, gegen vermeintliche Außenseiter ihre Potenzial abzurufen?
Arroganz! Die Einstellung: „Die schlagen wir im Vorbeigehen, heute reichen 7O Prozent“, hatten die Bayern viele Jahre abgelegt. Dieser Schlendrian ist leider wieder zurück. Die Einstellung kann nur heißen: „Wir geben unser Bestes. Und wenn wir dann verlieren sollten, brauchen wir uns keine Vorwürfe zu machen, denn dann wissen wir: Heute war nicht mehr drin.“ Und das sind sie ihren Fans einfach auch schuldig, ihr Bestes zu geben.
Ist das ein Kopfproblem?
Ja, leider. Diese schwankenden Leistungen bereits während der gesamten Saison sind nur über den Kopf erklärbar. Es ist ja nicht so, dass die Spieler in einer Partie die Fähigkeiten von Weltklassespielern besitzen und im nächsten Match das Fußballspielen verlernt haben. Die Grundfähigkeiten sind immer da. Die Frage ist nur, ob sie sie im Kopf abrufen. Und da tun sich die Bayern aktuell extrem schwer.
Wo sehen Sie noch Probleme?
Die Bayern sind einfach satt. Sie gewinnen die zehnte Meisterschaft. Champions League ist auch erst zwei Jahre her. Die Spieler wirken aktuell teils eher beratungsresistent. Dazu zweifle ich an, dass alle wirklich willig und hungrig sind. Das ist schade. Denn nur so gewinnst du große Titel. Für den Meistertitel in Deutschland brauchst du das alles nicht, weil die Gegner ehrlich gesagt zu „blöd“ sind und sich selbst schlagen. Da reicht bei den Bayern Mittelmaß. Aber um die Champions League zu gewinnen, sind die eben genannten Eigenschaften entscheidend.
Wie kann Bayern im Viertelfinal-Rückspiel die Wende schaffen?
Indem sie sich klar machen, warum ihnen der Titel so wichtig ist. Wenn das Warum, der Wunsch, Titel zu gewinnen, groß ist, entsteht ein Sog. Wenn die Bayern wieder wissen, wofür sie das machen, und damit meine ich nicht „Geld“, denn davon haben alle genug. Sich auf die eigenen Stärken konzentrieren und dadurch wieder das Selbstverständnis entwickeln, jeden schlagen zu können. im Hinspiel waren sie viel zu sehr damit beschäftigt, auf die Spielweise des Gegners zu reagieren, anstatt ihm das eigene Spiel aufzudrücken und damit den Gegner zum reagieren zu zwingen. Das ist ein Zeichen, dass ihnen das Selbstvertrauen fehlte.
Interview: M. Bonke, P. Kessler