Keine Panik – Allrad-Don hilft

von Redaktion

Am Ende einer komplizierten Saison startet der EHC München beschwingt in die Playoffs

VON GÜNTER KLEIN

München – Für Christian Winkler sind es spezielle Wochen. Der Mittenwalder ist „Managing Director Sports“ bei Red Bull, zuständig für beide Eishockey-Clubs der Gruppe – und somit doppelt in den Playoffs vertreten und beansprucht. Die ICEHockey League mit Salzburg ist schon weiter, da läuft die Finalserie, in der das Red-Bull-Team 2:0 gegen Fehervar, den ungarischen Teilnehmer der multinationalen Liga, führt. Als mittlerweile wichtiger im Konzern gilt aber der Standort München – und dort beginnt am Sonntag (19 Uhr) die Reise, die wie in Salzburg in die Endspiele führen soll.

Erst am Freitagabend erfuhr der EHC München, wer sein Gegner im Viertelfinale sein würde. Es wurde der Hauptrunden-Neunte Düsseldorfer EG, der sich in Nürnberg im letzten Pre-Playoff-Match in Nürnberg 3:1 durchsetzte. Das lange Warten störte die EHC-Mannschaft nicht. „Wichtig ist, dass wir zwei freie Tage hatten und regenerieren konnten, das ist viel wichtiger als zu wissen, gegen wen man spielt“, erklärte Kapitän Patrick Hager. Und ohnehin gilt: „Wir versuchen, dem Gegner unser Spiel aufzudrücken und glauben an unsere Stärke.“

Die Geschichte der Saison 2021/22 ist die von verloren gegangenen, aber wiedergefundenen Qualitäten. Christian Winkler spricht von „meiner herausforderndsten Saison in den 18 Jahren, in denen ich hier bin“. Konkret: „Wir hatten einen furchtbaren Dezember.“ Von elf DEL-Spielen verlor der EHC neun, eine beispiellose Negativserie. „Wir sind einige Male auf dem falschen Fuß erwischt worden, haben für unsere Fehler bezahlt, aber aus ihnen gelernt. Es war wichtig für unsere Entwicklung.“

Die Haltung der Mannschaft in der Krise: „Jeder war mit sich selbst beschäftigt, aber keiner hat mit dem Finger auf den anderen gezeigt“, so Patrick Hager. „Es herrschte keine Panik, als wir ,off the road’ waren“, blickt Manager Winkler zurück, „Don hat dann den Allrad rausgeholt.“

Der Allrad-Don, das ist Don Jackson, der Trainer, 65, erfahren, erfolgreich. 2014 fing er in München an, schlechter als Platz zwei in der Hauptrunde war das Team unter ihm nie. Der US-Amerikaner wirkt sehr aufgeräumt – wegen des Aufschwungs, der den EHC auf den letzten Drücker noch auf Platz zwei hinter Jacksons Ex-Club Eisbären Berlin befördert hat, und auch wegen des wieder etwas großzügigeren Playoff-Modus. In der Corona-Saison 2020/21 war die Entscheidungsrunde auf Best of Three verkürzt worden, München flog im Viertelfinale gegen Ingolstadt raus, zwei Niederlagen stellten die Hierarchie auf den Kopf. 2022 ist man aus Terminzwängen aufgrund der Olympiapause und eines Vereins mehr in der Liga zwar noch nicht zurück beim Standard Best of Seven, doch Best of Five reduziert das Risiko für das besser ausgestattete Team schon mal.

Mit dem späten Playoff-Termin in diesem Jahr haben die acht qualifizierten Clubs auch Glück. Durch den Fall der Corona-Beschränkungen ist es möglich, die Arenen wieder voll zu besetzen, die wichtigste Zeit des Eishockey-Jahres könnte sich also anfühlen, wie es bis einschließlich 2019 der Fall war.

Trotz der regional unterschiedlichen Bedingungen, was die Zulassung von Zuschauenden angeht, hat die Liga weiter Buch geführt. Es ist eine für München erschütternde Statistik: Platz 14 im Besucher-Ranking, Schnitt 1460. Die anderen bayerischen Vereine, die es mit Geisterspielen ähnlich traf, kamen auf klar bessere Werte (Augsburg 3048, Straubing 2542, Nürnberg 2179, Ingolstadt 2110). „Das Thema beschäftigt uns“, räumt Christian Winkler ein, „in den vergangenen eineinhalb Jahren ist sicher was verloren gegangen – nicht durch Eigenverschulden, sondern aufgrund der Gesamtsituation. Da hat der eine oder andere sich sicher ein anderes Hobby gesucht.“ Der EHC will Ende 2023 in den dann fertiggestellten SAP Garden ziehen, die Kapazität stiege von jetzt knapp 6200 auf 11 000 Plätze. Hat der EHC dieses Potenzial? Die „Halleluja-Spiele“ in der Olympiahalle, zu denen 10 000 kamen, liegen auch schon fünf Jahre zurück.

In den Playoffs 2022 geht es für den EHC folglich um mehr als ein gutes Abschneiden und idealerweise mal wieder die Meisterschaft (die letzte war 2018). Christian Winkler sagt: „Ich hoffe, dass die Playoffs ein Appetitmacher auf die Zukunft sind.“

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